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Ford Fiesta ST im Test: Der Sportwagen des kleinen Mannes!

Wer baut eigentlich noch richtige Kompaktsportwagen? Solche, die auch wirklich dazu taugen, ums Eck geworfen zu werden. Die leicht, unkompliziert und vor allem spaßig sind. Autos eben, die vordergründig zum Fahren und nicht zum Posen gedacht sind. Uns fallen da, um ehrlich zu sein, nicht mehr viele Autos ein. So dürfte der neue Ford Fiesta ST einer der letzten – echten – „Hot Hatches“ auf dem Markt sein. Er ist klein, quirlig und ziemlich kompromisslos. Nein, er ist nicht unbedingt der Bequemste. Leise ist er, dank der serienmäßigen Klappenanlage, meistens auch nicht. Aber: er macht verdammt viel Laune! Und das ist es, worauf es in dieser Fahrzeugklasse wirklich ankommt.

Du steigst in den Fiesta ST, drückst den Startknopf und wirst zunächst begrüßt von einem knurrigen Dreizylinder. 1,5 Liter Hubraum klingen nach wenig, sind bei einem Leergewicht knapp unter 1.200 Kilogramm aber mehr als ausreichend. Die Performance-Abteilung von Ford ist gar so überzeugt von diesem Motor, dass er im (teils sehr unrunden) Teillastbereich lediglich auf zwei Zylindern läuft. Bei uns ist das allerdings recht selten vorgekommen. Denn ist der ST erst einmal warmgefahren, gab es zumindest für uns kein Halten mehr.

200 PS und ein beinahe perfektes Schaltgetriebe schieben beeindruckend nach vorne. Schnell durch die erste und zweite (generell etwas zu lange) Gasse gewedelt, stehen nach gut 6,5 Sekunden 100 km/h auf dem Tacho. Der Vortrieb endet erst bei Tempo 232. Wer noch mehr Aufmerksamkeit wünscht, der kann für den schnellen Standardspurt auch eine optionale Launch-Control bemühen. Sie wirkt durch ihre künstlichen Gasstöße allerdings schon einen ticken zu verspielt – selbst für einen Fiesta. Enthalten ist die Anfahrhilfe übrigens im Performance-Paket, welches zugleich unsere größte Ausstattungsempfehlung für den kleinsten ST-Sprössling ist.

Warum? Weil es das mechanische Sperrdifferenzial beinhaltet! Eine Investition, die sich in beinahe jeder schnell gefahrenen Kurve bezahlt macht. Auf jeden Fall lohnt sich das Paket mehr, als die fad klingende Soundanlage mit ihren B&O-Logos, die einfach nicht in dieses Auto passen mag. Der Fiesta ST ist kein blendender Lifestyler, er ist der Raufbold vom Schulhof, der eben jenen Möchtegerns allzu gerne eine mitgibt. Das beweist er sodann im sportlich angefahrenen Kreisverkehr, als er flugs das hintere kurveninnere Rad hebt. Folglich wird das Heck ein wenig leichter, drängt gerne nach außen und macht: einfach eine Mordsgaudi!

Hier ist den Ingenieuren bei Ford ein wahres Meisterstück gelungen. Extrem – aber sicher zugleich. Zwar fühlt es sich für den Fahrer, und insbesondere für die Beifahrer, ungewohnt an, mit einem Dreibein durch die Kehre zu pfeffern. Man gewöhnt sich aber – viel zu schnell – an diese Art der Kurvendynamik. Gerade bei nassen Straßen schafft es aber auch das beste mechanische Sperrdifferenzial (der Fiesta ST verfügt zusätzlich über Torque Vectoring) und das ausgeklügeltste Fahrwerk nicht, die 290 Newtonmeter Drehmoment im Zaum zu halten. Ein bauartbedingtes Schieben über die Vorderräder kann somit beim Fiesta ST nicht wegdiskutiert werden.

Diese vermeintliche Schwäche ist aber gleichzeitig eine Stärke des Fords. Denn so bleibt der Fiesta ST, auch im sehr späten Grenzbereich, äußerst berechenbar. Ein Vorteil für all jene, die keinen Ken Block als Fahr- und Driftlehrer hatten. Der amerikanische Driftkönig ist es allerdings, der gefühlt immer neben uns sitzt. Uns einheizt und gleichzeitig animiert die nächste geschlängelte Passage unserer Hausstrecke noch akkurater, noch enger und noch schärfer zu nehmen. Wäre Block am Ende wirklich unser Beifahrer, er würde wohl – ob der fehlenden Grenzerfahrung bei unserem Fahrstil – gediegen in den serienmäßigen Recaros nächtigen.

Das Sportgestühl erinnert uns zudem daran, am bevorstehenden Festtagsschmaus einen Gang zurückzuschalten. Die Seitenwangen sind doch sehr eng bemessen und gerade größere Staturen tun sich mitunter schwer eine passende Sitzposition zu finden. Ansonsten ist der Innenraum des neuen Ford Fiesta ST äußerst wertig verarbeitet und bietet kaum Kritikpunkte. Zu erwähnen wäre hier lediglich die Frontscheibenheizung, die uns bereits bei unserem Test zum Ford Edge etwas störend aufgefallen ist. Wie beim Ford-SUV ist sie zwar ein empfehlenswertes Komfortfeature für die Wintersaison, streut bei Nachtfahrten aber ungünstig das Licht entgegenkommender Fahrzeuge.

Zum Schluss noch ein paar Worte zum Ford SYNC 3 und den eingesetzten Assistenten: Bauen andere Hersteller ihr Auto mittlerweile um den Bildschirm in der Mitte, so baut Ford die Multimedia-Einheit in ein fertiges Auto. Was wir damit meinen? Zwar ist alles vorhanden was man heute von einem jugendlichen Kompaktwagen erwartet: Apple-Link, das pedant von Google und allerhand nützliche Features im top funktionierenden Navigationssystem. Doch drängt sich der leicht zu bedienende 8-Zoll-Touchscreen nicht in den Mittelpunkt.

Nicht er steht im Fokus, sondern das Fahrerlebnis. Gleiches gilt für die Assistenten, die beim ST-Modell augenscheinlich nur in abgespeckter Version zur Verfügung stehen. So gibt es ab Werk zwar einen Tempomaten – adaptiv regeln kann dieser – anders als im normalen Fiesta – aber nicht. Den Spurhalte-Assistenten könnte man sich indes sparen, leistet er nicht das, was sein Name suggeriert. Zufrieden waren wir hingegen mit der Leistung der Schildererkennung und des Totwinkel-Assistenten.

Fazit

Der Ford Fiesta ST ist der Sportwagen des kleinen Mannes! Er bietet auf so mancher Bergpassage gleich viel (oder gar mehr) Fahrfreud‘ wie die üblichen Verdächtigen aus der sportiven Upperclass – kostet im Vergleich aber nur einen Bruchteil. Für knapp unter 30.000 Euro ist zudem alles dabei, was heute chic und angesagt ist. Wie er in engen Kehren das hintere kurveninnere Rad lupft werden wir so schnell nicht vergessen. Gleiches gilt für den antrittsstarken Dreizylinder unter der Haube. Auf der Kehrseite ist es allerdings eben dieser Motor, der uns auf langen Strecken etwas zu dröhnend vorkam. Seine fehlende Laufkultur – vor allem wenn die Zylinderabschaltung aktiv ist – lässt sich nicht schönreden und auch unser Testverbrauch, von immerhin 8,5 Liter Superbenzin, ist, gemessen an der Fahrzeuggröße, eine Ansage.

Technische Daten*

Modell: Ford Fiesta ST 3-Türer
Motor: Dreizylinder-Reihe, 1.497 ccm
Leistung: 200 PS (147 kW) bei 6.000 U/min
Drehmoment: 290 Nm zwischen 1.600 und 4.000 U/min
Antrieb: Vorderradantrieb, Sechgang-Schaltgetriebe
Verbrauch (WLTP): 6,0 l Super/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 6,5 s
Höchstgeschwindigkeit: 232 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,40 m/1,74 m/1,47 m
Gewicht: 1.163 Kg
Grundpreis: 22.600 Euro

*Herstellerangaben

Bilder: Thomas Vogelhuber