EVOCARS

Charmantes Riesenbaby: Der Fiat 500X City Cross im Test

Wir sind wie immer ehrlich zu unseren Lesern: Darum gerissen, den neuen, frisch gelifteten Fiat 500X probezufahren, haben wir uns nicht. Nicht, weil wir davon ausgingen, dass er uns enttäuschen könnte oder weil wir Vorurteile gegenüber italienischen Autos hätten (haben wir nicht). Sondern einfach, weil er so gar nicht zur EVOCARS-DNA passt. Denn der Fiat 500X ist ein SUV, wenn auch ein kleines, er verfügt lediglich über Vorderradantrieb und hat letzten Endes auch nicht so viel Dampf, dass er uns mit selbigem vom Hocker reißen könnte. Aber nachdem die Presseabteilung von Fiat uns den knuffigen Italiener mehrfach anbot, konnten wir irgendwann nicht mehr Nein sagen. Sie kennen das doch sicher auch von Ihrer Schwiegernonna, wenn diese ihnen das dritte Stück Törtchen auf den ohnehin schon gut gefüllten Kuchenteller schiebt und dabei so aufreizend lächelt? Eben.

Erst nach Testbeginn erfuhren wir über Umwege, dass es den großen Fiat, der mit seinem Namensvetter Cinquecento so viel zu tun hat wie Silvio Berlusconi mit der heiligen Jungfrau, tatsächlich auch mit Allradantrieb gegeben hat (aktuell, Stand Januar 2019, wohl nicht). Denn die von uns getestete Variante mit dem 1,3 Liter großen Vierzylinder, 150 Turbo-PS und Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe konnte nur mit zwei angetriebenen Rädern glänzen. Das Gerät nicht nur durch den Großstadt-, sondern auch durch echten Dschungel zu treiben, ist sicherlich ein lustiges Unterfangen. So blieb es aber größtenteils bei städtischem Einsatz, gespickt mit ein paar Überland- und Autobahnfahrten, die der 500X in seinen zwei Testwochen beim Evocars-Magazin zu absolvieren hatte.

Und das tat er im Großen und Ganzen vollkommen unauf-, dafür aber sehr gefällig und mit einigen Annehmlichkeiten, die den Alltag denn doch versüßen. Nun sind wir zwar, man konnte eingangs diesen Eindruck ja schon gewinnen, autotechnisch etwas verwöhnt, doch in seiner Klasse hinterlässt der 500X in jedem Falle einen bleibenden Eindruck. Erst Recht in „Moda Grau“ (590 Euro) samt dem teuren braunen Lederpaket (1000 Euro), das aber erst den gewissen italienischen Chic aufkommen lässt, den ein solches Auto nun einmal braucht, um sich aus der Einheitsmasse ein wenig abzuheben. Und das können nur die Italiener.

Auf Knopfdruck startet der 150 PS starke Vierzylinder, der zum Basispreis von 23.690 Euro serienmäßig an ein Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe (bei Fiat: DCT) gekoppelt ist und seine Kraft – wir erwähnten es schon – ausschließlich an die Vorderachse abgibt. Was in diesem Fall nicht einmal von Nachteil sein muss, werden die Wenigsten der Kunden ihren großen Cinquecento über Stock und Stein hieven wollen. Vielmehr zählen eine gute Übersicht dank großer Fensterflächen und hoher Sitzposition, ausreichend Platz auf allen Sitzplätzen und kleine Abmessungen für die Parkplatzsuche in der Stadt. Und genau das bietet der 500X.

Ob es hierzu der stärksten Motorisierung bedarf? Wir glauben, nicht unbedingt. Wobei der kleine Vierzylinder mit seinem wachen Antritt sowohl in der Stadt, als auch auf Landstraße und Autobahn durchaus Freude macht und so manch drängelndem Hintermann (Minuspunkt: mit diesem Auto wird niemand ernst genommen) beim beherzten Beschleunigen ein paar Meter Sicherheitsabstand schenkt. So kratzten wir gerne an der 200-Km/h-Marke auf der Autobahn und fühlten uns kein Stückchen unwohl dabei, im Gegenteil. Das mehr als ordentlich abgestimmte Fahrwerk liefert einen guten Kompromiss aus Komfort und guter Straßenlage und fiel so nur positiv, aber niemals negativ auf. Ähnliches gilt für die Lenkung, wenngleich diese für sportliche Naturen a) zu leichtgängig, b) zu gefühllos war und c) zu wenig Rückmeldung bot, doch muss man stets in Relation setzen, für wen und vor allem für was dieses Gefährt gebaut wird. Und ein 500X ist nunmal nicht dafür da, den nächsten Rundenrekort auf der Hausstrecke herauszufahren.

Dieses Bestreben würde auch der dickste Kritikpunkt unseres Testberichts vereiteln: das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe, das bei dieser Motorvariante auch nicht für Geld oder gute Worte gegen ein von Hand zu schaltendes Getriebe austauschbar ist. Leider, muss man konstatieren, denn ein wirres Schaltverhalten, das die einzelnen Gänge viel zu lange hielt, andererseits viel zu früh wieder heruntergeschaltet wurde und somit in keinster Weise für eine gelassene und spritsparende Fahrweise sorgte, führte zu Verdruss hinter dem Volant. Da das Getriebe anscheinend nicht in der Lage war, mit dem im Überfluss vorhandenen Drehmoment des Turbomotors zu spielen, sondern beim kleinsten Lupfen des Gaspedals gleich einen Gang herunterschaltete, griff man bald zur manuellen Schaltfunktion. Diese funktionierte ohne Beanstandungen und das Getriebe reagierte zügig auf den Schaltbefehl am Wählhebel (Schaltwippen am Lenkrad kosten 250 Euro extra). Aber das Gefühl, dass man es selbst besser machen würde, sollte bei einem Automatikgetriebe der heutigen Zeit normalerweise nicht aufkommen.

Unser Rat würde daher eher zum Einliter-Firefly-Turbobenziner mit 120 PS samt manuellem Getriebe (als City Cross ab 20.890 Euro) gehen. Denn abgesehen davon waren wir sowohl mit der verfügbaren Ausstattung, als auch mit der Verarbeitung des kleinen Italieners mehr als zufrieden. Auf den Ledersitzen saßen wir ohne echten Seitenhalt vor allem bequem, das Platzangebot war für die Außenmaße sogar auf den hinteren Plätzen vorzüglich und auch der Kofferraum bot mehr als ausreichend Platz für den Wocheneinkauf oder den Urlaubstrip zu Zweit. Die LED-Scheinwerfer überzeugten mit einer bemerkenswerten Reichweite und das kombinierte Radio- und Navigationssystem wirkte zwar zu Anfang mit seinem kleinen Bildschirm etwas antiquiert, reagierte aber sehr zügig auf Eingabebefehle und funktionierte mehr als zuverlässig. Lediglich die Sitzheizung sprach etwas zögerlich an.

 

Fazit

Und, wären Sie von einem positiven Fazit nach diesem Einstieg überrascht? Trotz besagter Kritik hat uns der große Cinquecento nämlich durchaus überzeugen können. Das liegt nicht zuletzt an dem Charme, dem man sich als zumindest etwas italophiler Autofahrer nicht entziehen kann, aber durchaus auch an seinen praktischen Eigenschaften, die er für einen ordentlichen Marktpreis mitbringt. Der Verbrauch unseres Probanden lag bei häufgem Kurzstreckeneinsatz bei 7,5 Litern Superbenzin, dürfte sich mit kleinerem Motor und Schaltgetriebe jedoch noch nach unten drücken lassen. Wer also einen stylischen Kompaktwagen abseits teutonischer Langeweile sucht, wird mit dem 500X wenig verkehrt machen.

Technische Daten*

Modell: Fiat 500X City Cross 1.3 GSE DCT
Motor: Vierzylinder-Reihe, Turbolader, 1.332 ccm
Leistung: 150 PS (111 kW) bei 5.500 U/min
Drehmoment: 270 Nm bei 1.850 U/min
Antrieb: Vorderradantrieb, Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe
Verbrauch (WLTP): 6,4 l S /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 9,1 s
Höchstgeschwindigkeit: 196 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,25 m/1,80 m/1,59 m
Gewicht: 1.495 Kg
Grundpreis: 23.690 Euro
Typklassen (KH/VK/TK): 18/17/17

*Herstellerangaben