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Ein echtes Pony? Der neue Ford Mustang Ecoboost im Test

Darf man das? Oder geht das gar nicht? Wir haben uns diese Frage vor Beginn dieses Tests desöfteren gestellt, als man in Köln zum Facelift des Ford Mustang tatsächlich die Ecoboost-Maschine (sprich: vier Zylinder) mit einer Zehngangautomatik kombinierte. Zwar war der „kleine“ Mustang schon aus Testfahrten im Vorgängermodell bekannt, die Kombination des 2,3-Liter-Motörchens mit zehn Vorwärtsgängen erschien uns hingegen ganz schön suspekt.

Nun denn, wenn man denn denkt, schlimmer geht nimmer: Schon nach den ersten hundert Metern im Fastback drehte es uns fast den Magen herum. Denn anders als sein V8-Pendant entfachte dieses Pony eben nicht dieses so herrliche Timbre, das den Insassen wohlig den Rücken herunterläuft. Während das Fünfliter-Motorenwerk durch das gesamte Auto rumpelt, läuft der Vierzylinder hingegen irgendwo da vorne unter der ewig langen Haube „so mit“, das war es dann auch schon. Die Automatik derweil übertüncht ihre zu hohe Anzahl an Gängen, indem sie nach dem Anfahren im ersten Gang gleich die Stufen Zwei und Vier überspringt und gondelt sodann bei 50 Km/h im siebten von zehn Gängen umher, als wäre es das Normalste der Welt. „Ist das noch Mustang, oder kann das weg?“, war jeder aus unserer Testredaktion schon versucht zu fragen, der ein paar Kilometer mit dem Pony unterwegs war.

Doch das waren die ersten flüchtigen Gedanken, die sich glücklicherweise nicht in den Synapsen festsetzen konnten. Jedenfalls nicht zu hundert Prozent. Zwanzig Prozent des Hirns stammeln auch heute noch, dass in einen Mustang nur ein Achtzylinder gehört. Der Rest hat sich einem Lern- und Reifeprozess unterzogen. War und ist der V8-Mustang ein Auto, in das Du Dich schon nach der ersten Minute hoffnungslos verknallst, braucht der Vierzylinder seine Zeit. Du musst ihm, aber noch viel mehr Dir selbst diese Zeit geben, Du musst Dich für ihn öffnen, solltest auch ein Stück weit kompromissbereit sein, dann allerdings wirst auch Du anfangen, ihn zu mögen. Versprochen.

Das liegt vorrangig an der hinreißenden Optik, die auch das Facelifting, entgegen unserer bisherigen Meinung, nicht verschlimmbessert hat. Im Gegenteil. Tief und breit kauert der Mustang Fastback auf der Straße, von vorne, von hinten, seitlich, oben und unten: aus sämtlichen Perspektiven ist dieses Auto perfekt proportioniert. Einzig die schwarzen 18-Zöller unseres Testwagens wirkten im winterlichen Grau etwas verloren in den Radhäusern, da darf es gerne ein bisschen mehr sein. Doch trotzdem: Wir bekamen in den zwei Testwochen ausnahmslos positive Reaktionen auf das Auto – und davon nicht gerade wenige.

Der Eindruck setzt sich im Innenraum fort, wobei besonders das neue Infodisplay anstelle von Tacho- und Drehzahlmessereinheit im Vordergrund steht – ansonsten hat sich im Innenraum ja auch kaum etwas getan. Wir halten ja normalerweise nicht viel von Displays an der Stelle guter alter Analoginstrumente, doch diese feinen, teilweise verspielten Grafiken, die sich auf Wunsch (oder je nach Fahrmodus) im Retrodesign einstellen lassen und darüber hinaus mit einer Vielzahl an Informationen aufwarten, haben uns wirklich Freude gemacht. Obwohl wir immer noch nicht wissen, welche der zahllosen (und frei konfigurierbaren) Farbeinstellungen wir denn nun am besten finden sollen.

Spielchen an Innenraumfarben sollte man während der Fahrt natürlich tunlichst unterlassen und sich stattdessen aufs Wesentliche konzentrieren. Wie macht sich nun der Mustang Ecoboost im Alltag? Und die wichtigste Frage: Vermisst man den Achtzylinder? Klare Antwort: Ja, man vermisst ihn natürlich. Der „Klang“ des (mit einigen Abweichungen) aus dem Focus RS entliehenen Motors ist, wenn man ihn denn so nennen kann, quasi nicht vorhanden, auch wenn man dem Antrieb sein aufdringliches Dröhnen im Normalbetrieb fein aberzogen hat. Schön ist es dennoch nicht, was da bis an die Ohren der Insassen gelangt. Es ist ein unmotivierter Rauschton, der zu allem Überfluss auch noch etwas angestrengt klingt, sobald man den Motor ein wenig fordert. So greift man gerne und zügig zum Lautstärkeregler der vorzüglichen Soundanlage, die in der Lage ist, sämtliche Geräusche im Umkreis von etwa 1000 Metern wegzubügeln, dass einem im Auto schon zum Feiern zumute ist.

Doch unter dieser Soundkulisse ginge beinahe unter, dass der Ecoboost durchaus abliefert: streckt man den rechten Fuß bei passender Gelegenheit durch, wählt die Automatik aus ihrem großen Angebot sofort den passenden Gang und der Mustang zoomt sich gen Horizont. Das funktioniert so ansatzlos und druckvoll, dass wir ihm subjektiv deutlich mehr als die im Schein angegebenen 290 Ponys zutrauten. Ohne Probleme geht es bei freier Autobahn auf mehr als Tempo 200, erst oberhalb von 210 wird es langsam zäh.

Überaus überzeugend funktionierte – wie oben schon kurz erwähnt – die Automatik. Wir wollten es ja selbst nicht glauben, doch trotz eines jungfräulichen Kilometerstandes (und der damit fehlenden Einfahrzeit, die die Kennlinien ja immer noch benötigen) agierte der Zehngänger dermaßen souverän, wie wir es allenfalls von hochentwickelten Produkten „made in germany“ kennen – und desöfteren nichtmal dort. Spontan die Reaktion auf schnelle Gasbefehle, super zügig das Ansprechverhalten der Schaltpaddles und dennoch so gelassen und ruhig im Stop and Go, wie man es sich von einem modernen Wandlerautomaten wünscht. Selbst bei sportlichem Fahren kommt so gut wie nie der Wunsch nach eigenem Eingreifen mittels der Schaltpaddles auf, der Automat hält ohnehin immer den passenden Gang parat. Dabei stehen so viele Fahrstufen blitzschnell zur Auswahl, dass es dem Fahrer bald egal ist, in welchem Gang er eigentlich ist, denn Kraftschluss ist immer da. Chapeau, Ford, dieses Getriebe ist wahrlich eine Meisterleistung und hat unsere Bedenken, zehn Gänge seien mindestens zwei zu viel, vollkommen zerstreut.

Fein spürbar sind auch die passiven Einflüsse des Vierzylinders, insbesondere: sein Gewicht. Oder besser das, was ihm fehlt. Denn das ist so einiges: fast 100 Kilogramm bringt der Ecoboost-Mustang weniger auf die Waage als sein Pendant mit doppelter Zylinderzahl, was sich insbesondere im Einlenkverhalten bemerkbar macht. Überaus spontan reagiert die Vorderachse auf den Lenkbefehl, setzt ihn knackig um, spart noch nichtmal an Rückmeldung. Sie war uns jedoch in der „Normalposition“ am Liebsten, „Sport“ macht sie unnötig schwergängig. Doch ohnehin ist der Mustang ein Auto, das man wunderbar ohne zusätzliche Fahrmodi bewegen kann – die Verstellmöglichkeit des Fahrwerks (2.000 Euro) haben wir nur zu Testzwecken ausprobiert und für verzichtbar empfunden.

Verzichtbar ist allerdings nicht die Kritik daran. Denn gerade unbeladen und bei schon kleinen Querfugen gab die Hinterachse unschöne Poltergeräusche von sich, die leider serienmäßig sind. Sie reagiert immer noch unwirsch auf Querfugen im Asphalt und führt auf schlechten Straßen desöfteren ein gewisses Eigenleben abseits der bei Mustangs üblichen Quertreiberei. Die Abstimmung der Traktionskontrolle ist amerikanisch lässig und ließ bei winterlichen Straßenverhältnissen auch gerne den ein oder anderen Drift zu, um das Auto wenig später sehr bestimmt wieder einzufangen.

Fazit

Doch das sind kleine Kritikpunkte, die den Mustang Ecoboost ansich nicht abwerten können. Denn auch wenn wir ihn gerade ob seines Motors gescholten haben, haben wir ihn gleichfalls ins Herz geschlossen. Gerade der Vierzylinder samt Automatik verkörpert für uns die Grundidee Ford Mustang auf ideale Art und Weise. Er sieht betörend gut aus, ist – solange man auf Kindersitze verzichten kann – überaus praktisch, bietet einen großen Kofferraum, er ist dennoch sehr schnell und kann trotzdem sparsam bewegt werden – im Testmittel kamen wir auf rund neun Liter Superbenzin. Ein VW Golf R mag immer noch das bessere Auto sein, der Mustang ist dafür selbst mit vier Zylindern das deutlich emotionalere. Und Emotion sticht nunmal, das wissen wir doch alle.

Technische Daten*

Modell: Ford Mustang 2,3 l EcoBoost Fastback
Motor: Vierzylinder-Reihe, Turbolader, 2.261 ccm
Leistung: 290 PS (213 kW) bei 5.400 U/min
Drehmoment: 440 Nm bei 3.000 U/min
Antrieb: Hinterradantrieb, Zehngang-Automatikgetriebe
Verbrauch (WLTP): 9,2 l S /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 5,5 s
Höchstgeschwindigkeit: 233 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,79 m/1,92 m/1,38 m
Gewicht: 1.747 Kg
Grundpreis: 42.400 Euro
Typklassen (KH/VK/TK): 21/30/26

*Herstellerangaben