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Mazda MX-5 RF: der neue japanische Targa im Test

Der Wettergott meinte es in diesem Jahr nicht gut mit uns. Oder sagen wir es so: er meinte es nicht so gut mit uns wie im vergangenen Jahr, als wir während der zwei heißesten Wochen 2016 im Mazda MX-5 Roadster unterwegs waren. Nun dachte er sich wohl, der Zusatz RF stehe für Regenfalter und ließ es derart ergiebig auf den hübschen Festdachtarga prasseln, dass uns für Fotoaufnahmen mit geöffnetem Dachteil schlichtweg ein einziger Tag blieb.

Doch so war mehr Zeit, die inneren Qualitäten des Mazda MX-5 RF zu erkunden. Er ist der Nachfolger des MX-5 mit festem Klappdach der Baureihe NC, geht aber optisch und auch in puncto Frischluftvergnügen andere Wege. Die überwiegend aus leichtem Aluminium gefertigte Dachkonstruktion verheißt abermals deutlich mehr Komfort als das verblüffend simple Stoffverdeck der Standardvariante. Und tatsächlich: Wind- oder gar Knarzgeräusche bei geschlossenem Dach sind Fremdwörter für den Japaner. Auch auf schlechtesten Straßen ist es von einer unerschütterlichen Qualität, was wir so nicht erwartet hätten. Da können sich manch andere „Premiumfahrzeuge“ eine dicke Scheibe vom Mazda abschneiden.

Allerdings bliebe von ihm nicht mehr so viel übrig. Denn eines ist der MX-5 durch den RF-Zusatz nicht geworden: größer. Es bleibt also bei den etwas beengten Platzverhältnissen des Roadsters, an denen wir schon typisch deutsch herumgekrittelt haben. Und die die Passagiere für einen Wochenendtrip an den Bodensee schon an ihre Grenzen bringen können. Da kann einem die Lust am Reisen trotz mehr als ordentlichem Federungskomfort, einer guten Soundanlage von Bose und absolut akzeptablem Verbrauch (wir bewegten den RF zeitweise und wetterbedingt unter sechs Litern pro 100 Kilometer) schon ab und an vergehen, solange einer von beiden Reisenden rund 1,90 Meter groß ist und dieser sich auf den mit schickem braunen Leder bezogenen Sitzen keinen Zentimeter vor oder zurück lehnen kann.

Doch das Gefühl dieser gewissen Enge verfliegt schnell, wenn einem von ganz oben dann doch mal gegönnt wird, das Verdeck per Knopfdruck innert rund 13 Sekunden zu öffnen. Oder besser: den mittleren Teil des Daches. Das Origami der drei Bauteile funktioniert dabei so verschliffen und pausenlos, dass man darin die Bemühungen der Entwickler erkennen möchte, den Kunden gegenüber dem Roadster keine großen Kompromisse aufbürden zu müssen. Einziger Wermutstropfen: über 10 Km/h funktioniert es nicht. Wir würden der Konstruktion auch gut und gerne 30 oder 50 Stundenkilometer zutrauen.

Deutlich mehr hingegen dem Gesamtkonzept. Denn muss sich die RF-Variante auf der Autobahn erst recht nicht hinter dem Roadster verstecken, so sehr gilt das auch für die Landstraße. Alle Vorzüge des Stoffdach-Spaßmachers sind geblieben: die wunderbare Sechsgang-Box, deren Schaltwege herrlich knackig vor und zurück flutschen, die spontane Gasannahme des Zweiliter-Vierzylinders (im RF die einzige Motorisierung), das präzise und extra leichtfüßige Einlenkverhalten. Auch kurze Heckschwenks sind mit eingeschaltetem ESP problemlos möglich, ohne dabei gleich in der Botanik zu landen. Wir meinten lediglich, dem RF einen im Vergleich zum Roadster geringfügig höheren Schwerpunkt attestieren zu müssen.

Im Durchzug hingegen bringen die rund 40 Kilogramm Mehrgewicht keine Nachteile mit sich. Die 160 PS und 200 Newtonmeter Drehmoment haben mit etwa 1,1 Tonnen Leergewicht ein leichtes Spiel und treiben den Targa-Mazda ausreichend flott voran. In knapp über sieben Sekunden erreicht man Landstraßentempo und auch die Ü-200-Höchstgeschwindigkeit lassen sich komfortabel ausreizen, was man jedoch aus nachfolgenden Gründen lieber mit geschlossenem Verdeck macht. Denn die Windverwirbelungen selbst lassen sich zwar auch bei hohen Geschwindigkeiten lediglich am Haupthaar feststellen und liegen somit im vollkommen akzeptablen Bereich. Dafür gleicht die Lautstärke der Winde, die gegen den „Bügel“ peitschen, der eines Orkans. Und das auch schon bei Autobahn-Richtgeschwindigkeit. Das kann der Roadster interessanterweise besser: hier gibt es zwar insgesamt mehr Wind, doch dafür ist der Geräuschpegel niedriger.

Fazit

Die Frage sollte also nicht sein, was der RF nun besser kann als der Standard-MX-5. Denn die Liste dieser Eigenschaften würde – abgesehen von der geringfügig höheren Langstreckentauglichkeit, für die ein MX-5 nunmal nicht gebaut wurde – erstaunlich kurz ausfallen. Nein, die Frage muss vielmehr sein, ob er lohnenswert anders ist. Und das ist er. Erfrischend individuell, mit einer Note der Exklusivität und eben jenem Schuss höherer Alltagstauglichkeit gepaart, ist der MX-5 RF das perfekte Auto für den Singlehaushalt, den man auch in Hamburg parken kann, ohne Angst um das Stoffverdeck haben zu müssen. Oder gar vor 14 Tagen Dauerregen.

Galerie
Technische Daten*

Modell: Mazda MX-5 RF Skyactive-G 160 i-ELOOP
Motor: Vierzylinder-Reihe, 1.998 ccm
Leistung: 160 PS (118 kW) bei 6.000 U/min
Drehmoment: 200 Nm bei 4.600 U/min
Antrieb: Hinterradantrieb, Sechsgang-Schaltgetriebe
Verbrauch (ECE): 6,6 l S 100/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 7,5 s
Höchstgeschwindigkeit: 215 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 3,92 m/1,74 m/1,23 m
Gewicht: 1.130 Kg
Grundpreis: 29.890 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 12/21/23

*Herstellerangaben