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Über Stock und Stein – der VW Touareg Terrain Tech im Test

Irgendwie ging die zweite Generation des Touareg an uns vorbei. Er war einfach da. Fährt seit über sieben Jahren auf unseren Straßen und fällt nicht weiter auf. Ein SUV von vielen, mag man denken. Zu groß für die Innenstadt, zu durstig für den Urlaub und unfähig im Gelände einen Stich zu landen. Wir raten allerdings, den massigsten aller Volkswagen nicht vorab in eine Schublade zu stecken: denn der Touareg ist vieles, aber kein Blender! Zumindest nicht in der von uns gefahrenen „Terrain Tech“ Variante – die damit natürlich auch eine gute Basis für ein Dachzelt-Mobil darstellt. 

Der Touareg „Terrain Tech“ ist, im übertragenen Sinne, eine Kombination aus Golf, Phaeton und Amarok. Klingt eigenwillig? Fährt sich dafür aber ordentlich! Der Golf sorgt für die einfache Bedienung, der Phaeton für den nötigen Luxus und der Amarok für eine Geländegängigkeit, die wir diesem SUV so nie zugetraut hätten. So gesehen ist der Touareg ein wahrer Volkswagen. Nur beim Preis geht VW etwas (heftig) am Volke vorbei. Runde 90.000 Euro muss man aufrufen, möchte man unseren Testwagen neu bestellen. Wer dann denkt, das Ende der Fahnenstange sei erreicht, den müssen wir leider enttäuschen. Selbst Beträge oberhalb der 100.000 Euro Grenze sind machbar.

Was bekommt man für so viel Geld? Im Inneren des VW Touareg auf jeden Fall zu viel Plastik. Allen voran das mächtige Armaturenbrett stört in seiner einfachen Ausführung. Das Nappa-Leder mit dem klangvollen Namen „Bonanza-Braun“ hingegen hinterlässt einen hochwertigen Eindruck. Im Zusammenspiel mit den 14-Wege-Komfortsitzen erreicht der Touareg eine Langstreckentauglichkeit, die wir bei Volkswagen sonst nur vom Phaeton gewohnt waren. Dazu trägt auch das Luftfahrwerk bei, das unabhängig von der Ausstattungslinie, immer gegen 2.750 Euro Aufpreis geordert werden muss.

Dieses ist allerdings unverzichtbar, will man die volle Leistungsfähigkeit des „Terrain Tech“ Offroad-Paket auskosten. Der 4MOTION Allrad wurde um ein sperrbares Zentraldifferenzial, ein Hinterachsdifferenzial (Sperrwirkung 100%) und einer Lamellenkupplung samt Reduktionsgetriebe erweitert. Im normalen Straßenbetrieb regelt der 4MOTION Antrieb die Kraftverteilung selbstständig. Der Geländemodus lässt sich über den zentralen Fahrwerksschalter bedienen und unterstützt den Fahrer im leichten Offroadeinsatz. Wer wirklich weit hinaus will kann die Sperren auch manuell aktivieren. Für tiefe Wasserdurchfahrten oder grobe Unwegsamkeiten lässt sich das Luftfahrwerk zudem auf eine Sonderhöhe liften. Bodenfreiheit dann: 30 Zentimeter! Einziges Manko: die mangelnde Achsverschränkung. Wo eine G-Klasse noch locker alle Viere in den Untergrund bohrt, hebt der Touareg schon mal deutlicher ein Rad in die Lüfte.

Was das Motorenkapitel angeht, so wird es dünn für VW und den Touareg. Benziner und Hybride werden in Deutschland nicht mehr angeboten und selbst der unvernünftige 4,2 Liter V8 TDI wurde bereits 2015 ersatzlos gestrichen. So bleibt nur noch das Arbeitstier im VW-Motorenlager. Der 3.0 TDI leistet im Touareg wahlweise 204 oder 262 PS. Wer das „Terrain Tech“ Paket bestellt, kann nur den stärksten der beiden Selbstzünder wählen. 580 Nm Drehmoment sind auch in 2017 noch eine Ansage. Wenngleich sich das ganze Gefährt ab ca. 180 km/h merklich schwerer tut, ist auch die Höchstgeschwindigkeit von 220 Sachen in einem annehmbaren Zeitraum zu erreichen. Im Touareg gilt ohnehin: Cruisen, statt Rasen. Wer den Gasfuß all zu oft in Richtung Bodenblech drückt, wird mit einer saftigen Tankrechnung belegt. 13-14 Liter bei flotter, immerhin noch knapp 9,5 Liter bei alltagsüblicher Fahrweise, sind zu kalkulieren. Wer es etwas sparsamer möchte, bestellt den Touareg ohne „Terrain Tech“ Paket und spart 66 Kilo Lebendgewicht.

Enttäuschend ist die Abstimmung des 8-Gang Automatikgetriebes. Sonst ohne Fehl und Tadel, sorgt es mit hektischen Schaltfolgen vor allem zwischen der siebten und achten Fahrstufe dafür, dass der große Wagen aus der Ruhe kommt. Besser abgestimmt ist der Sport-Modus. Hier werden Gänge länger gehalten und der achte Gang nur eingelegt, wenn er benötigt wird.

IconiCars Volkswagen Bulli
  • IconiCars Volkswagen Bulli (Autor)

Fazit

Der VW Touareg II kommt in die Jahre. Ein angestaubtes Multimediasystem (mit einer sehr guten Dynaudio-Surroundanlage), nur wenige Assistenzsysteme und die fehlende Motorenvielfalt zeigen: ein Ende ist absehbar. Spätestens auf der IAA 2017 soll das neue Modell in Frankfurt vorgestellt werden. Bis es soweit ist, macht man mit dem aktuellen Touareg aber betont keinen Fehler. Der Wagen ist ausgereift, liegt gut auf der Straße und bietet mit dem optionalen „Terrain Tech“ Paket sehr viel Potential abseits befestigter Wege. Die Platzverhältnisse vorne, wie hinten, sind fürstlich; der Kofferraum ausreichend groß und die Anhängelast von rund 3,5 Tonnen reichen selbst für den größten Pferdetransporter. Der weitestgehend in Kunststoff gehaltene Innenraum, der hohe Gesamtpreis und ein nicht mehr zeitgemäßer Kraftstoffverbrauch sind hingegen die Schattenseiten des Touareg. Nichtsdestotrotz ist der große Wolfsburger eine runde Sache. Er kann mehr als man ihm zutraut und wirkt nicht so überladen und aggressiv wie manch Konkurrent aus England oder Süddeutschland.

Galerie
Technische Daten*

Modell: Volkswagen Touareg V6 TDI Bluemotion SCR 4MOTION „Terrain Tech“
Motor: Sechszylinder-V, Turbolader, 2.967 ccm
Leistung: 262 PS (193 kW) zwischen 3.800 und 4.400 U/min
Drehmoment: 580 Nm zwischen 1.750 und 2.500 U/min
Antrieb: Allradantrieb, Achtgang-Automatikgetriebe
Verbrauch (ECE): 6,9 l Diesel/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 7,6 s
Höchstgeschwindigkeit: 220 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,80 m/1,94 m/1,70 m
Gewicht: ca. 2.250 Kg
Grundpreis (Terrain Tech): 71.300 Euro

*Herstellerangaben

VW Touareg im Leasing