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VW Tiguan 2.0 TDI im Test: Wolfsburger Präzisionsmaschine

Schick steht er da vor uns, der neue Tiguan. Naja gut, so ganz neu ist er dann doch nicht, immerhin steht die aktuelle (zweite) Generation seit gut einem Dreivierteljahr bei den Händlern. Doch „schick“ war ja unser Einstieg, und den hat der SUV auch seiner Farbe zu verdanken: Tungsten Silver Metallic gab es auch schonmal bei Aston Martin und sie verleiht dem Tiguan für 565 Euro Aufpreis einen äußerst edlen Auftritt.

Ohnehin steht der Hoffnungsträger neben Polo, Golf und Passat deutlich selbstbewusster da als sein ab und zu unbeholfener Vorgänger. Das Markengesicht steht ihm gut und macht ihn erwachsen, die hohe Gürtellinie und das straffe Heck lassen rundliche Fettpölsterchen vergessen. Doof nur, dass der jüngst vorgestellte Seat Ateca noch eine Spur schicker daherkommt, wie wir finden. Aber es bleibt ja in der Familie.

Apropos Familie: im Inneren gibt der Tiguan null Rätsel auf, übernimmt das Interieur weitgehend aus dem Golf VII, was nicht die schlechteste Entscheidung der Wolfsburger Autobauer war: die Verarbeitung ist auf dem gewohnt hohen Niveau, alles liegt an seinem Platz, die lederbezogenen Komfortsitze zu 2.590 Euro sind vielfach für eine ideale Sitzposition einstellbar, lassen jedoch den gewünschten Seitenhalt immer noch vermissen. Aber deshalb heißen sie wohl auch Komfort- und nicht Sportsitze.

Was erst jüngst im Golf Einzug hielt, war im Tiguan bereits zur Markteinführung erhältlich: das sogenannte Active Info Display (510 Euro), das die herkömmlichen Instrumente durch ein hochauflösendes Display ersetzt und dessen Anzeigen halbwegs individuell konfigurierbar sind. Das System teilt jedoch auch hier seine konzeptionellen Schwächen: uns war da vorne immer zu viel los und so manch einer dürfte mit der Informationsflut des Multifunktionsdisplays überfordert sein. Doch vielleicht haben wir uns auch einfach zu lange an die beruhigende Wirkung zweier analoger Zeiger gewöhnt. Zwar kann man sämtliche Warnhinweise der zahlreichen Assistenzsysteme abschalten, sodass es sich im Großen und Ganzen wieder wie ein herkömmliches Kombiinstrument anfühlt; doch irgendwo verliert die Option dann auch ihren Sinn.

Und wie fährt sich nun der runderneuerte Tiguan? Eingefleischte VW-Fahrer werden dieser Frage gelassen entgegensehen, denn genau so fährt man auch mit dem SUV. Unaufgeregt, unauffällig, aber eben auch in seiner Perfektion un-faszinierend. Unser Testwagen war mit dem bekannten 150 PS-Zweiliter TDI samt 4Motion ausgestattet, der seine Aufgabe wie gewohnt mit der nötigen (und dank 340 Newtonmetern auch vorhandenen) Souveränität erledigte.

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Geräuscharm hält er sich im Hintergrund, der Start gelingt auch bei häufigem Einsatz der Start-Stopp-Automatik vollkommen ruck- und schüttelfrei und das Siebengang-DSG arbeitet in seiner neuesten Generation so sanft und schnell, dass man weder einen Wandlerautomaten noch einen Handschalter vermisst. Interessant ist immer wieder die „Segelfunktion“, die auf Gefällstrecken den Motor ausgekuppelt im Leerlauf laufen lässt – je nach Strecke kann man da schon eine ganze Weile rollen. Half uns allerdings trotzdem nicht, den Normverbrauch von 5,6 Litern pro 100 Kilometer zu knacken: im Durchschnitt brauchten wir knapp über sieben Liter bei hohem Autobahnanteil.

Überzeugt haben hingegen Platzangebot und Variabilität des deutschen SUV. Gerade die Hinterbänkler verfügen über deutlich mehr Beinfreiheit als zuvor und auch das Kofferraumvolumen ist spürbar (615 zu 470 Liter) gewachsen. Überaus praktisch ist die einzeln verstellbare Rückbank und der höhenverstellbare Ladeboden (190 Euro) im Kofferraum. So lässt sich auch die Reise zu viert entspannt antreten. Doch die automobile Entspannung mit dem Namen „Tiguan“ hat ihren Preis: unser ordentlich ausgestatteter Testwagen hätte im VW-Showroom ein 51.580 Euro teures Preisschild getragen.

Technische Daten*

Modell: Volkswagen Tiguan 2.0 TDI 4Motion Highline
Motor: Vierzylinder-Reihe, 1.968 ccm
Leistung: 150 PS (110 kW) zwischen 3.500 und 4.000 U/min
Drehmoment: 340 Nm zwischen 1.750 und 3.000 U/min
Antrieb: Allradantrieb, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe
Verbrauch (ECE): 5,6 l Diesel/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 9,0 s
Höchstgeschwindigkeit: 200 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,49 m/1,84 m/1,63 m
Gewicht: 1.737 Kg
Grundpreis: 38.450 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 18/19/22