Renault Clio R.S. im Test: Ungeliebter Enkel oder Spaßgarant?

„Turbomotor? Elektronisches Doppelkupplungsgetriebe? Fünftürer? Och nee…“ So oder so ähnlich dürften die ersten Reaktionen der Renault-Sport-Fangemeinde ausgefallen sein, als der Clio IV RS vorgestellt wurde.

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Nur zur Erinnerung, der Vorgänger fuhr sich mit einem handgeschalteten Zweiliter-Hochdrehzahlsauger, einem wahnsinnig tollen Fahrwerk und ausgestattet mit Bremsen von Brembo und Schalensitzen von Recaro in die Herzen von Sportfahrern auf der ganzen Welt. Doch ist der Ur-Enkel des legendären Clio-Williams von 1994 wirklich so unsportlich geraten wie befürchtet? Wir haben den (nicht mehr ganz so) kleinen Franzosen etwas genauer unter die Lupe genommen.

An der Optik des neuen RS scheiden sich die Geister. Zu große Rhombe an der Front, zu wenig Unterschied zum „normalen“ Clio, generell zu wenig Aggressivität für ein RS-Modell, so lauten die Anklagepunkte. Kann man so alles unterschreiben. Nach einiger Zeit lernt man das neue Design allerdings schon zu schätzen und er fängt an zu gefallen. Da unser Testwagen als „Versuchsträger“ mit einem KW-Gewindefahrwerk ausgestattet war, kam er nicht ganz so hochbeinig daher, wie im Serienzustand, und wirkte gleich viel sportlicher. In „Dezir-Rot“ (aufpreispflichtig) mit schwarzen 18-Zoll Felgen und grauen Anbauteilen ist der Neue schon ein attraktives Auto – nur eben anders als der Vorgänger. LED-Tagfahrlicht, ein kleiner Heckspoiler und rote Bremssättel tun ihr Übriges zum durchaus sportlichen Look.

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Im Innenraum merkt man dann erst richtig, dass der Clio erwachsener geworden ist. Ein großer Bildschirm für das Infotainment-System inklusive Navi, viel Klavierlack und ein generell sehr modernes Design lassen den IV RS viel hochwertiger wirken als seinen Vorgänger. Leider kann man die genialen Recarositze nicht mehr optional bestellen, ein echter Minuspunkt. Aber auch die verbauten Sitze weisen einen ordentlichen Komfort und vernünftigen Seitenhalt auf, nur kommt eben nicht das „Rennfeeling“ auf, das der „Alte“ noch zu vermitteln wusste.

Aber nun zum Wesentlichen – dem Fahrverhalten! Nun, um es mit drei Worten zu beschreiben: Unauffällig, schnell und sicher. Unauffällig, weil selbst im „Race-Modus“ (drei Modi zur Auswahl: Normal, Sport, Race) nicht viel aus der zweiflutigen Auspuffanlage zu hören ist. Es ist halt ein Turbo, man darf deswegen keine Drehzahl-, und Soundorgien wie beim Vorgänger erwarten. Ein nettes Sprotzeln, Brabbeln und Knallen kann man dem 1,6 Liter-Triebwerk zwar entlocken, mehr aber nicht.

Schnell, da das „EDC“ getaufte Doppelkupplungsgetriebe mit den Schaltwippen vom Nissan GT-R die Gänge (im Race-Modus) wirklich flott reinfeuert (dazu gibt’s beim Runterschalten schöne Zwischengasstöße von der Elektronik spendiert). Außerdem ist der Turbomotor im An-, und Durchzug sehr spritzig und bringt den Kompakten schnell auf Geschwindigkeit. Die wirklich spaßige Launch-Control ist dabei sehr hilfreich. Kein typischer Turbopunch, eher ein harmonisches Drehzahlband, das manche vielleicht für etwas langweilig halten könnten. Dafür glänzt er mit guten Verbrauchswerten, die weit unter denen des äußerst durstigen Vorfahrens liegen.

Sicher wird das Fahrerlebnis durch die wirklich guten Bremsen (auch ohne Brembo) und das generell sehr gutmütige Verhalten. Letzteres lässt sich zwar wahrscheinlich hauptsächlich auf das verbaute Gewindefahrwerk zurückführen, aber auch im Serientrimm dürfte der Clio kein unruhiges Auto sein. Kleine Heckschwenks beim Anbremsen sind möglich, sofern gewollt und ein kleines bisschen provoziert. Die Lenkung ist ein guter Kompromiss aus Alltagstauglichkeit und Sportlichkeit, nicht zu hart, nicht zu weich. Aber auch nicht ganz so direkt wie beim Vorgänger.

Insgesamt kann man also auch mit dem neuen Clio RS viel Spaß auf der Landstraße und der Rennstrecke haben. Im Stadt-, und Autobahnverkehr ist er sogar im Vorteil gegenüber dem Clio 3 RS – Turbo und EDC sei Dank. Aber trotzdem will nicht diese bestimmte Verbundenheit mit der Straße aufkommen, die das alte Modell so ausgezeichnet hat. Schade!

Sollen wir uns deshalb einigen Kollegen anschließen und sagen, wer einen Clio RS haben möchte, kaufe sich doch bitte den Vorgänger? Eher nicht. Es ist einfach ein anderes Fahrzeugkonzept, das genauso seine Fans finden wird, wie das des Vorgängers. Letztendlich gibt es von uns also ein „Daumen hoch“ für die vierte, und hoffentlich nicht letzte Generation des Clio RS.

P.S.: Leider hatten wir während der zweiwöchigen Testdauer ein paar kleine Probleme mit dem Auto. So stand dieses noch vor der Anlieferung mit der Fehlermeldung „Einspritzung prüfen“ in der Werkstatt. Renault hat den Fehler dann gelöscht, es war keine Fehlfunktion zu finden. Eineinhalb Wochen später trat der selbe Fehler allerdings erneut auf. Nach ein bisschen Recherche wissen wir, dass der Fehler oft bei „gechipten“ Fahrzeugen auftritt, was eventuell auf eine Leistungssteigerung (passend zum Gewindefahrwerk) extra fürs Presseauto schließen lässt. Außerdem fielen der Tempomat und die Tankanzeige aus. Kleine Wehrmutstropfen, die auf den „Versuchsträger-Status“ zurückzuführen seien dürften, die uns den Spaß an einem ansonsten wirklich guten Auto aber leider etwas getrübt haben.

Technische Daten*:
Modell: Renault Clio R.S. 200
Motor: Vierzylinder-Reihenmotor, Turbolader, 1.613 ccm
Leistung: 200 PS (147 kW) bei 6.000 U/min
Drehmoment: 240 Nm bei 1.750 U/min
Antrieb: Frontantrieb, Sechsgang-Doppelkupplung
Verbrauch (ECE): 6,3 l/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 6,7 Sek.
Höchstgeschwindigkeit: 230 Km/h
Abmessungen (l/b/h): 4,09 m/1,73 m/1,43 m
Gewicht: 1.279 Kg
Preis: ab 22.990 Euro
* Herstellerangaben