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Lademeister 4×4²: Der VW Passat Alltrack 2.0 TDI SCR 4Motion im Test

Wir müssen gestehen: Innerhalb der Redaktion hegen wir eine gewisse Affinität für allradgetriebene Kombis im Allgemeinen und solche die zusätzlich höhergelegt sowie robust beplankt sind im Besonderen. Vergleichsweise spät ist man in Wolfsburg auf den Zug der Freizeitkombis fürs Grobe aufgesprungen – dafür aber so gelungen, dass der Passat Alltrack mittlerweile in der zweiten Modellgeneration angeboten wird. Wir testen das (derzeit nicht als Neuwagen verfügbare*) Topmodell 2.0 TDI SCR 4Motion mit 240 PS und 500 Nm Drehmoment.

Die maßgeblichen Unterschiede zum normalen Passat Variant sind beim Alltrack schnell ausgemacht: Nicht lackierte Plastikschürzen um die Radhäuser, ein Schlechtwegefahrwerk mit adaptiver Fahrwerksregelung DCC (190 PS TDI: 1.150,00 Euro Aufpreis) sowie eine bullige Frontpartie mit angedeutetem Unterfahrschutz sorgen für einen elegant-rustikalen Auftritt. Der 4Motion-Allradantrieb ist obligatorisch und sogar eine Bergabfahrhilfe hat den Weg in den Passat Alltrack gefunden. So ausgerüstet verlieren abschüssige Schotterpisten, matschige Wiesenparkplätze oder der verwilderte Lagerplatz für das Segelboot schnell ihren Schrecken.

Doch bei aller angedeuteten Offroadtauglichkeit: Ein ernstzunehmender Geländegänger wird der Alltrack dadurch freilich nicht, fehlt es ihm vor allem an der Bodenfreiheit (nur 174 Millimeter maximal) eines echten 4×4. Ein Luftfahrwerk, wie beispielsweise im Audi A6 Allroad serienmäßig verbaut, wird leider nicht angeboten. Für den alltäglichen Großstadtjungle ist man dennoch stets gerüstet und wer ausladende Hobbys pflegt ist mit dem VW Passat Alltrack ebenfalls bestens bedient. Ein Gepäckabteil, so groß wie das Fürstentum Liechtenstein, bietet Platz für Surfbretter, Mountainbikes oder das Skiequipment und gipfelt bei umgelegter Rücksitzbank in einem Ladevolumen von satten 1.769 Liter.

Wer, statt viel Gepäck, auf den Rücksitzen lieber die Familie mitnimmt, der kann auf einen regulären Kofferraum von 639 Liter setzen. Optional verfügbar ist zudem ein umklappbarer Beifahrersitz (96,00 Euro). Ablageflächen in jeder Sitzreihe sind ausreichend vorhanden und bieten viel Platz für Getränke, Smartphones oder andere Kleinigkeiten – das große Handschuhfach ist serienmäßig gekühlt. Aber nicht nur transportieren lässt es sich im Passat Alltrack ganz gut, auch das lange und bequeme Reisen gelingt im rustikalen Wolfsburger. Serienmäßig ist ein ergoComfort-Sitz auf der Fahrerseite verbaut, optional stehen eine Massagefunktion für den Fahrersitz (einzeln 190,00 Euro) und eine aktive Klimatisierung (im Paket 510,00 Euro) für Fahrer- und Beifahrer zur Verfügung. Weshalb Volkswagen, nicht einmal gegen Aufpreis, den hervorragenden ergoComfort-Sitz nicht auch für den Beifahrer anbietet entzieht sich unserer Kenntnis.

Gleiches Unverständnis gilt für das sehr einfach gehaltene Head-Up-Display (565,00 Euro), das seine Daten auf eine ausfahrbare Scheibe projiziert. Darstellung und Funktion können mit Systemen anderer Hersteller nicht mithalten und sind den sonst hohen Qualitätsstandards im Passat nicht angemessen. Die beste Funktion des HUD: Man kann es vollständig und unsichtbar verstecken. Der Rest des Innenraums verdient dagegen viel Lob und Anerkennung. Alles sitzt, passt und hat Luft – die ausgewählten Materialien wirken hochwertig und gut aufeinander abgestimmt.

Ebenfalls positiv ist uns das Navigationssystem Discover Pro (2.435,00 Euro) in Verbindung mit dem Active Info Display (510,00 Euro) aufgefallen. Alle Informationen werden optisch ansprechend und hochauflösend präsentiert, das digitale Kombiinstrument lässt sich frei konfigurieren und wie das Navi weitestgehend problemlos bedienen. Nur die etwas enge Anordnung der Bedienelemente am beheizten Multifunktionslenkrad (155,00 Euro) hat uns nicht restlos überzeugen können. Wir wünschen uns zudem einen echten Drehknopf für die Lautstärkenreglung zurück.

Über den Sinn oder Unsinn moderner Assistenzsysteme lässt sich vortrefflich streiten. Volkswagen bietet für ein, vergleichsweise moderates, Aufgeld von 2.055,00 Euro jedoch das Fahrerassistenz-Paket Plus im Passat an, welches selbst Assistenzverweigerer auf seine Seite ziehen kann. Dann nämlich, wenn auf dem Stadtring wieder Stop-and-go angesagt ist oder sich die nächtliche Autobahnetappe monoton in die Länge zieht. Die Distanzregelung ACC ist mittlerweile ein alter Hut, funktioniert aber weiterhin problemlos und wird durch einen gut funktionierenden Lane Assist ergänzt. Wie die meisten aktuellen Systeme neigt aber auch der Spurhalteassistent von Volkswagen dazu, bei schlechten Fahrbahnmarkierungen und in Baustellen schnell die Orientierung zu verlieren.

Fernab teilautonomer Fahrzustände und für Evocars eher untypisch zum Schluss widmen wir uns dem Fahrkapitel. Kurz und knackig: Viel mehr Auto für den Alltag braucht es nicht! Das elektronisch geregelte Fahrwerk federt im Normalfall komfortabel, im Bedarfsfall etwas härter – lässt aber im generellen einen leichten Hang zum Stuckern erkennen. Die elektromechanische Lenkung arbeitet präzise, bietet durchaus genügend Rückmeldung und lässt uns nur wenige störende Antriebseinflüsse spüren. Enge Kurven nimmt der Alltrack dabei gerne etwas schneller, gleichzeitig konnten wir trotz dem Schlechtwegefahrwerk keine nennenswerten Seitenbewegung feststellen. Im frühen Grenzbereich folgt allerdings das typische und gut beherrschbare Untersteuern.

Motorseitig sorgt im Alltrack Topmodell ein strammer 2.0 TDI mit 240 PS für Vortrieb. Der Selbstzünder schaufelt 500 Newtonmeter Drehmoment an die Räder und ist gut für eine Beschleunigung von 0 – 100 km/h in knapp 6,4 Sekunden. Die Endgeschwindigkeit erreicht der Passat Alltrack bei gut 234 km/h – was für den Alltag völlig ausreichend ist. Verbrauchstechnisch beweist VW mit dem Passat, dass nach wie vor wenig über einen guten Dieselmotor geht. Begnügt sich der Alltrack bei unserem Test doch im Mittel mit weniger als sieben Liter Diesel. Reichweiten von mehr als 1.000 Kilometer sind durchaus alltagsnah, was auch am üppig bemessenen Tankvolumen von 66 Liter liegt.

Keine Fans werden wir dagegen vom 7-Gang-DSG-Getriebe, welches nach wie vor zu ruckartig anfährt, gerade beim Rangieren an Steigungen über eine deutliche Anfahrschwäche verfügt und auch zwischendurch so manchen Gang unsanft in die Gasse haut. Alternativen? Sind keine in Sicht, denn ein 6-Gang-Schaltgetriebe wird nicht angeboten.

Fazit

Unterm Strich kann der VW Passat Alltrack als Gesamtpaket und insbesondere durch seine hohe Qualität überzeugen – was vordergründig an der sehr guten Basis in Form des normalen Variant liegt. Er spricht eine spezielle Klientel an, die entweder das minimale Plus an Bodenfreiheit oder, wie in unserem Falle, die rustikale Optik zu schätzen weiß. Anders als die gängigen SUVs, jene von Volkswagen nicht ausgenommen, wirkt der Alltrack nicht aufdringlich, stellt sich nicht in den Mittelpunkt und ist dennoch für (fast) jede alltägliche und nicht alltägliche Aufgabe gerüstet. Der größte Kritikpunkt am Alltrack dürfte derweil die happige Aufpreispolitik sein. Bereits in der Basis nicht gerade billig, kostet unser Testwagen augentränende 68.607,00 Euro – was ihn zugleich auf das Niveau einer gut ausgestatteten All-Terrain E-Klasse von Mercedes-Benz hebt.

Technische Daten**

Modell: Volkswagen Passat Alltrack 2.0 TDI SCR 4Motion
Motor: Vierzylinder-Reihe, Bi-Turbolader, 1.968 ccm
Leistung: 240 PS (176 kW) bei 4.000 U/min
Drehmoment: 500 Nm zwischen 1.750 und 2.500 U/min
Antrieb: Allradantrieb, 7-Gang-DSG
Verbrauch (ECE): 5,4-5,8 l D /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 6,4 s
Höchstgeschwindigkeit: 234 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,76 m/1,83 m/1,50 m
Gewicht: 1.776 Kg
Grundpreis: 48.575,00 Euro
Testwagenpreis: 68.607,00 Euro

*Der 2.0 TDI SCR BMT mit 240 PS soll voraussichtlich ab Ende 2018 wieder verfügbar sein.
**Herstellerangaben

Bilder: Thomas Vogelhuber