Pragmatisch, praktisch, gut? Der Mitsubishi Outlander im Test

Der Markt der Midsize-SUVs boomt seit Jahren. Nie zuvor wurden so viele höhergelegte Kombis verkauft wie heute. Kein Wunder also, dass sich Fahrzeuge wie der Nissan X-Trail, der Mazda CX-5 oder auch der Subaru Forester größter Beliebtheit erfreuen. Man sitzt hoch, hat alles schön im Blick und ausreichend Platz für die Kids und einen haarenden Vierbeiner ist obendrein auch noch. Heile Welt also. Wären da nicht die Nachteile, die so ein gehyptes Lifestyleprodukt mitsich bringt. Denn mittlerweile sind die meisten SUVs nur noch prunkvolle Designerstücke ihrer Besitzer. Fern jeglicher (sinnvoller) Funktion bewegen sich Fahrzeuge wie der Range Rover Evoque oder der Audi Q2 auf unseren Straßen. Da tut ein wenig Ernüchterung bitter Not. Und die kommt in unserem Falle in Form des aktuellen Mitsubishi Outlander daher.

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Der Außenauftritt des Japaners ist klar strukturiert, Designspielereien gibt es nahezu keine. Nur einen Seitenhieb gegen Land Rover konnte man sich bei der dritten Generation des Outlander wohl nicht verkneifen. Der ausladende Schriftzug auf der Motorhaube erinnert schon sehr stark an die größeren Range Rover Modelle. Dennoch: Der Outlander möchte sich nicht in den Mittelpunkt drängen. Er braucht keinen gigantischen Singleframe-Grill oder dicke Auspuffendrohre um aufzufallen. Er wirkt allein durch seine stattlichen Abmessungen. Wer dennoch etwas mehr Schi-Schi wünscht, wählt einfach eine höhere Ausstattungslinie. Gegen Aufpreis gibt es dann schicke 18-Zöller im Offroad-Design und LED-Scheinwerfer für vorne und hinten. Ein paar Farben stehen auch noch zur Auswahl. Das war’s dann aber auch mit den Extravaganzen – eben typisch Mitsubishi. Hauptsache praktisch. Und in der Tat, der Mitsubishi Outlander ist ein sehr vielseitiges Fahrzeug. Der Kofferraum ist üppig bemessen, der Einstieg in den hochbeinigen Kombi gelingt ohne Probleme und im Fall der Fälle können bis zu sieben Personen im Wagen verstaut werden. Die dritte Sitzreihe ist dabei – trotz aller Variabilität – nur etwas für die jüngere Generation bis zum Ende der Grundschulzeit.

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Es sind vor allem die kleinen Details, die den Offroader so sympathisch machen. Wie etwa die elektrische Heckklappe. Denn wo europäische Hersteller viel Geld investieren, damit man kaum etwas von der Hebetechnik sieht, setzt Mitsubishi beim Outlander einfach seitlich ein sichtbares Gestänge an. Sieht russisch aus, funktioniert aber tadellos. Und sollte doch mal etwas in die Fritten gehen, kann man das Ganze schnell und kostengünstig reparieren. Ebenso simpel sind die Türscharniere. Premium-Marken wie Audi oder BMW legen viel Wert darauf, eine durchgehende und makellose Seitenlinie zu haben. Nachteil: Die Türen brauchen eine aufwändige Mechanik damit der Flügel beim öffnen nicht gegen den Rahmen oder die hintere Zierleiste schrappt. Die Lösung von Mitsubishi: Ein einfacher Knick in der Zierleiste. Fertig.

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Im Innenraum angekommen erst einmal Ernüchterung. Wie wir bereits beim Test zum Subaru Forester festgestellt haben, können japanische Innenräume wohl auch ausgekärchert werden. Robust genug wären sie dafür allemal. Zwar hat man bei Mitsubishi, gemäß eigener Aussage, viel Wert darauf gelegt den Innenraum aufzuwerten – nur im Auge des Betrachters kommt diese Qualitätsverbesserung leider nicht an. Die Kabine wirkt einfach trist und karg. Etwas Farbe hätte dem Interieur gut gestanden. Und ordentliche Türpappen in der zweiten Sitzreihe auch. Denn anders als vorne, wo es viele Soft-Touch-Elemente gibt, erleben Hinterbänkler ihr wahres Hartplastik-Wunder. Auf der Haben Seite können wir allerdings festalten, dass alles passt, sauber verarbeitet ist und auch auf Schotterpisten nichts zu knarzen beginnt. Die Sitze sind gut gepolstert, bieten allerdings zu wenig Seitenhalt und lassen sich für größer Gewachsene nicht unbedingt ideal verstellen. Das Lenkrad liegt ordentlich in der Hand – als störend empfanden wir lediglich das hochglänzende Kunststoffteil im Kranz-Inlay, das wohl Klavierlack imitieren soll.

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Der einzige große Kritikpunkt im Innenleben des Mitsubishi Outlander ist allerdings die optionale Multimediaausstattung. Puh – da muss man sich, verwöhnt durch Mercedes Comand, Audi MMI und BMW iDrive, erst einmal zu Recht finden. Die Menüführung leidet unter einigen Logikfehlern, das Navigationssystem (das zwar sehr gut arbeitet) sieht aus wie aus den 90ern und USB-Sticks werden nur sehr schleppend gelesen. Auch die Bedienung über den Touchscreen ist nicht gerade perfekt. Dafür gibt es Digitalradio und – in der von uns getesteten Outlander-Top-Variante – eine sehr ordentliche 710-Watt-Soundanlage von Rockford, die auch Sunshine Live auf voller Stufe verträgt.

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Etwas stumpf, oder besser gesagt einfach gehalten, sind die Assistenzsysteme des Mitsubishi Outlanders. Der Kollisionswarner arbeitet zu übereifrig und fängt selbst in Standardsituationen schnell das Piepsen an. Der Spurhalteassistent reagiert grobmotorisch und der Tempomat mit Abstandsradar ist, außer auf der Autobahn, eigentlich nicht zu gebrauchen. Zu schnell verliert dieser das vorausfahrende Fahrzeug (Sensorreichweite nur 200 Meter) und erkennt einscherende Autos zu spät. Die Folge ist ein sehr ruppiges Wechselspiel von Gas und Bremse das nicht nur den Fahrer, sondern auch Mitfahrer und den restlichen Verkehr nervt. Pragmatisch ist eben nicht immer praktisch und gut. Im Zweifel kann man die Systeme aber immer noch abwählen.

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Und wie fährt sich die Fuhre? Nun ja, wie soll man das am besten beschreiben – der Wagen liegt auf der Straße wie ein Containerschiff auf hoher See. Er schwankt, er schaukelt, er neigt sich. Aber er macht es ehrlich. Niemand – nicht einmal die Presseabteilung von Mitsubishi – verwendet beim Outlander Worte wie „Sport“ oder „Sportlichkeit“. Diese Ausdrücke würden auch einfach nicht zum betont unaufgeregten Charakter des Mitsubishi passen. Er federt – bis auf ein paar ungefilterte Stöße in der Lenkung – wirklich gut, kann auch auf schlechten Straßen überzeugen und Bordsteine interessieren ihn eigentlich auch nicht. Ideal um im urbanen Dschungel die ein oder anderen unorthodoxen Wendemanöver zu vollführen.

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Die Motorenpalette beim Mitsubishi Outlander ist übersichtlich. Es gibt einen Benzin- und einen Dieselmotor mit jeweils 150 PS, sowie eine Hybridversion mit kombiniert knapp 200 PS Leistung. So einfach geht Autobau, liebe Entscheider bei Volkswagen. Es bedarf nicht immer zig verschiedener Motor- Getriebevariationen um glückliche Kunden zu generieren. Denn, trotz aller Unsportlichkeit, die Kombination unseres Testwagens – bestehend aus 2.2-Liter Dieselmotor und 6-Gang-Automatikgetriebe – kann weitestgehend als ausreichend bezeichnet werden. Beschleunigungswunder darf man freilich nicht erwarten. Dafür hängt der Selbstzünder stramm am Gas und erreicht unaufgeregt auch höhere Autobahn-Tempi.

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Ein Outlander-Fahrer interessiert sich für solch Nebensächlichkeiten wie Sprintwerte oder die maximale Höchstgeschwindigkeit sowieso nicht. Für alle anderen: Knapp 12 Sekunden vergehen bis die Nadel 100 zeigt. Bei 190 Kilometer pro Stunde endet die Geschwindigkeitsorgie. Wofür wir bei diesen Werten Schaltpaddels am Lenkrad haben? Wir wissen es auch nicht. Was wir allerdings wissen: nach heutigen Standards kippt sich der knorrige Selbstzünder ein paar Liter Diesel zu viel hinter die Binde. Im Alltag sollte man mit lockeren 9-10 Litern auf 100 Kilomter rechnen. Auf der Autobahn und mit ganz ruhigem Gasfuß drückt man den Verbrauch auch unter sieben Liter.

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Die Bremsen packen kraftvoll zu, das elektronisch geregelte Allradsystem kraxelt ohne Murren auch gröbere Böschungen hinauf und der 6-Gang-Wandler schaltet weitestgehend unaufgeregt – verharrt allerdings ab und an im stark untertourigen Drehzahlbereich was zu gröberen Vibrationen führt. Was dann allerdings wirklich stört ist das Lenkverhalten des Outlanders. Es kommt einem unweigerlich wieder der Vergleich mit dem Containerschiff in den Sinn. Zu indirekt – zu unwillig – werden Lenkbefehle umgesetzt. Es fühlt sich an, als könnte man die Fahrtrichtung nur grob dirigieren – der Rest wird dann schon irgendwie passen.

Fazit

Am Ende bleibt nicht viel zu schreiben. Der Mitsubishi Outlander weiß zu überzeugen. Nicht nur durch seine enorme Variabilität, sondern auch durch seine ordentliche Verarbeitung und der zuverlässigen Großserientechnik. Nicht mehr auf der Höhe der Zeit sind allerdings das angestaubte Multimediasystem und der optisch eher einfallslose Innenraum. Der Mitsubishi Outlander funktioniert halt einfach – und dafür wurde er auch gebaut. Zusammengefasst könnte man auch schreiben: Pragmatisch, praktisch, gut!

Technische Daten

Modell: Mitsubishi Outlander 2.2 DI-D Cleartec 4WD
Motor: Vierzylinder-Turbodiesel, 2.268 ccm
Leistung: 150 PS (110 kW) bei 3.500 U/min
Drehmoment: 380 Nm zwischen 1.750 und 2.500 U/min
Antrieb: Allradantrieb, 6-Gang-Automatik
Verbrauch (Hersteller): 5.3 – 5.8 l Diesel/100 Km*
Verbrauch getestet (durchschn.): 8.0 – 9.5 l Diesel/100 Km
Verbrauch getestet (minimal): 6.7 l Diesel / 100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 11.6 s*
Höchstgeschwindigkeit: 190 Km/h*
Abmessungen (L/B/H): 4,695 m/1,81 m/1,68 m
Gewicht: 1.726-1.771 Kg
Grundpreis: Ab 20.990 Euro

*Herstellerangaben