Es klingt nicht nur verrückt. Es IST verrückt. Der erste von fünf geplanten Gordon Murray Special Vehicles S1 LM wurde bei RM Sothebys für sagenhafte 20,63 Mio. US-Dollar versteigert – der höchste jemals für einen Neuwagen bei einer Versteigerung gezahlte Betrag.
Zugegeben, der S1 LM ist ein überaus begehrenswertes Stück Automobil. Doch diese abnorme Summe, die nur mit dem Glauben an eine nochmalige Wertsteigerung zu erklären ist, sprengt doch wirklich den Rahmen. Immerhin handelt es sich hierbei um ein Fahrzeug, dass grundlegend auf dem GMA T.50 basiert – auch wenn dieser auf 100 Exemplare limitierte und rund 2,6 Mio. US-Doller teure V12-Renner nochmals stark modifiziert wurde, um nun als S1 LM zu glänzen. Hinzu kommt, dass der S1 LM zwar selbstverständlich ein absoluter Traumwagen ist, aber eben nicht die Geschichte und Tradition des Vorbilds in Form des McLaren F1 LM hat – was sicherlich auch dessen Wert (bei Versteigerungen) von ebenfalls rund 20 Mio. US-Dollar erklärt.
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Aber wer weiß, vielleicht wollte der neue Besitzer des S1 LM (4,3-Liter-V12, Sauger, über 700 PS bei 12.100 U/min) ja unbedingt einen F1 LM haben, hat aber keinen ersteigern können und tröstet sich nun mit der „Neuauflage“. Wer weiß.
Und jetzt mal Butter bei die Fische. Der Gordon Murray Special Vehicles S1 LM im Detail:
Wie schon beim McLaren F1 LM entsteht auch vom S1 LM lediglich eine Serie von fünf Fahrzeugen – eine bewusste Anlehnung an die extreme Exklusivität des ursprünglichen Vorbilds. Zwar diente der T.50 Gordon Murray und seinem Team als technisch logischer Ausgangspunkt, doch das Endergebnis ist ein Supersportwagen, der sich grundlegend vom Basismodell unterscheidet.

Das Chassis wurde dafür umfassend neu gedacht und konstruktiv überarbeitet, um die ambitionierten Anforderungen an Design und Aerodynamik erfüllen zu können. Die größte Veränderung stellte der Verzicht auf die zentrale Rahmenstruktur dar. Dadurch konnte die Dachlinie deutlich flacher und eleganter gestaltet werden, was nicht nur den Luftfluss und den Abtrieb verbesserte, sondern dem Fahrzeug auch jene Proportionen verlieh, die an den ursprünglichen F1 LM erinnern. Das modifizierte Kohlefaser-Monocoque wurde niedriger positioniert, in Teilen verstärkt und zugleich weiter erleichtert, um eine nochmals höhere Steifigkeit und strukturelle Präzision zu erreichen.
In dieses neue Chassis wurde das Herz des S1 LM integriert: ein exklusiver V12-Saugmotor, der von Cosworth speziell für dieses Modell entwickelt wurde und nun 4,3 Liter Hubraum besitzt. Die Maschine erzeugt über 700 PS bei beeindruckenden 12.100 U/min und liefert 501 Nm Drehmoment, wobei bemerkenswerte 81 Prozent bereits bei 2.500 U/min anliegen. Der hochdrehende Motor mit extrem geringer Massenträgheit nutzt zahlreiche Racing-Komponenten – darunter mit Siliziumkarbid beschichtete Leichtbaukolben, Titanventile, Titanpleuel und eine Trockensumpfschmierung. In der Tradition des McLaren F1 und des GMA T.50 setzt dieser V12 erneut technische Maßstäbe als einer der leichtesten, drehfreudigsten und ansprechendsten Saugmotoren, die je in ein Straßenauto eingebaut wurden.
Der Motor atmet durch eine leichte Vierrohr-Auspuffanlage aus Inconel aus, deren hitzebeständige Isolierung aus 18-karätigem Gold eine klare Reminiszenz an das ikonische Auspuffdesign des McLaren F1 ist. Diese Goldbeschichtung reduziert die Temperaturen um weitere 20 Prozent gegenüber herkömmlichen Materialien, sodass weniger Isolierung notwendig ist und der Motorraum offener, aufgeräumter und technisch raffinierter wirkt. Auch das Ansaugsystem wurde neu konzipiert: kompaktere Drosselklappen und Filter ermöglichen einen schlanken Airbox-Aufbau und gewähren freien Blick auf die markanten, gefrästen Nockenwellenabdeckungen mit den lasergravierten Schriftzügen „S1 LM“ und „4.3“, die unter der transparenten Polycarbonat-Motorabdeckung zum besonderen Blickfang werden.
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Der S1 LM besitzt eine große, am Dach angeschlagene Motorhaube, die sich komplett öffnen lässt und den Blick auf die mit Blattgold ausgekleidete Wärmeschutzschicht und die eindrucksvolle Inszenierung der freiliegenden Technik freigibt – ein mechanisches Schauspiel, das alle Komponenten kunstvoll in Szene setzt.
Gemäß dem Anspruch, eine möglichst reine und perfekte Fahrerfahrung zu bieten, wird der S1 LM ausschließlich mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe geliefert. Dafür mussten die Ingenieure innovative Lösungen finden: Das für den Rennstreckenbetrieb entwickelte Gehäuse des GMA T.50s Niki Lauda wurde mit den inneren Komponenten des T.50 kombiniert. Gleichzeitig wurden Karosserie und Kraftstofftank angepasst, um die Schaltseile direkter führen zu können. Das Ergebnis sind außergewöhnlich kurze und präzise Schaltwege, die das Fahrerlebnis deutlich intensivieren.
Mit dem S1 LM realisierte Gordon Murray erneut seinen kompromisslosen Leichtbauanspruch und trieb die Gewichtsoptimierung weiter als je zuvor. Als Pionier im Umgang mit Kohlefaser-Verbundwerkstoffen erreichte er dank fortschrittlicher Produktionstechniken eine der größten Gewichtseinsparungen überhaupt. So entsteht ein extrem dünnes, ultraleichtes Carbon-Matrixgewebe mit außergewöhnlicher Festigkeit. Die daraus gefertigten Karosseriebauteile messen lediglich 0,6 Millimeter in der Stärke – und viele Flächen bleiben bewusst als poliertes, unlackiertes Sichtcarbon erhalten, um sowohl den Werkstoff als auch die Gewichtsersparnis zu zelebrieren.
Die Jagd nach jedem Gramm setzt sich in allen Bereichen fort. Die neuen Fünfspeichenfelgen bestehen aus ultraleicht geschmiedetem Aluminium. Im Innenraum kommen eine neu entwickelte Mittelkonsole, leichtere Pedale, eine optimierte Handbremse und ein abnehmbares Motorsport-Lenkrad zum Einsatz. Das Fahrerinstrument wird über eine metallische, 3D-gedruckte Hohlstruktur direkt mit dem Monocoque verbunden – gefertigt aus speziellen Legierungen, die Festigkeit, geringes Gewicht und ästhetische Eleganz vereinen. Ebenso wurden die Kamera und das Display des T.50 durch integrierte A-Säulen-Spiegel ersetzt und die versenkbare Heckscheibe durch moderne Polycarbonat-Schiebefenster.

Die herausragende Carbonverarbeitung, die auf der skulpturalen Vision des beratenden Designers Florian Flatau basiert, lässt den McLaren F1 LM fast wie ein Blick in die Zukunft erscheinen. Bemerkenswert ist, dass der S1 LM das einzige Fahrzeug von GMA oder GMSV ist, das zunächst vollständig im traditionellen Tonmodellverfahren entwickelt wurde. Dadurch konnte jede Kontur manuell geformt und verfeinert werden, bevor die Umsetzung in Carbon erfolgte – ein handwerklicher Ansatz, der dem Design spürbare emotionale Tiefe verleiht und dem Fahrzeug eine visuelle wie fühlbare Seele gibt.
Die Prüfung der aerodynamischen Leistungsfähigkeit war von Beginn an ein zentraler Baustein der Entwicklung. Die Aerodynamik wurde so entwickelt, dass sie sich harmonisch in die skulpturale Formensprache einfügt. Umfangreiche CFD-Analysen ermöglichten eine extrem präzise Optimierung des Verhältnisses zwischen Abtrieb und Luftwiderstand.

Demnächst wird der S1 LM als erstes Modell von GMA oder GMSV einem realen Windkanaltest unterzogen, um die digitalen Simulationen zu überprüfen. Ein besonderer Höhepunkt: Der Höchstbietende erhält die Möglichkeit, diesem Test persönlich beizuwohnen – eine exklusive Chance, die finale aerodynamische Abstimmung hautnah mitzuerleben. Dieser Schritt garantiert die perfekte Balance aus Stabilität, Abtrieb und ästhetischer Ausdruckskraft, die das Fahrzeug definiert.
Das Fahrverhalten profitiert zusätzlich von optimierten Komponenten, darunter eine gewichtsreduzierte Fahrwerksgeometrie und ein über Kugelgelenke starr montierter Motor, der für außergewöhnliche Steifigkeit und ein äußerst direktes Ansprechverhalten sorgt. Der Fahrer kann darüber hinaus Einstellungen wie Sturz, Fahrwerksgeometrie oder die Kalibrierung des Heckflügels anpassen, um die Fahrzeugeigenschaften präzise auf den eigenen Fahrstil abzustimmen.
Im Innenraum stehen GPS-Rundenzeitmessung, Stoppuhr und ein Streckenkartensystem bereit, um die Performance auf der Rennstrecke umfassend auszuwerten. Doch trotz dieser Hightech-Features sind es die kunstvollen Details, die den S1 LM prägen: Im Zentrum des maßgefertigten Schaltknaufs befindet sich ein seltener Quarzkristall aus ausgewählten Regionen Pakistans, in dem sich winzige, flüssige Öleinschlüsse befinden, die vor Millionen von Jahren entstanden. Als tropfenförmig geschliffenes, poliertes Juwel symbolisiert er Klarheit und Entschlossenheit. Dieses Edelsteinmotiv verkörpert die Seele des S1 LM – ein Auto, das kompromisslos von einem der fortschrittlichsten je gebauten V12-Saugmotoren angetrieben wird und mit Stolz die Fahne der reinen Hochleistungstechnik hochhält, weit abseits des Trends zu Hybrid- und Elektroantrieben.










