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BMW M2 im Test: mehr M braucht man nicht

Selten waren wir gespannter auf ein Auto als auf dieses. Der BMW M2, ein Bayer mit dem M vor, und nicht nach der Zahl, einer, der das M tragen darf. Gut, auch der famose 1er M hätte diese Adelung schon verdient, doch dann hätte er M1 geheißen. Und so gut, dass man dem Helden der Siebziger seinen Namen nahm, war er denn doch nicht, entschied BMW. Mit der Umbenennung des 1er Coupés in den 2er umschiffte man das Problem elegant und schuf damit – womöglich ungewollt – den M schlechthin.

Allein diese Optik. Ja, schon der Vorgänger kam mehr als bullig rüber, doch der M2 wirkt noch vollkommener. Die aggressive, angriffslustige Schnauze, die breite Spur und der noch breitere Hintern mitsamt seinen vier Endrohren machen jeden Tag aufs Neue Freude beim Daraufzugehen. Freude am Fahren – schon im Stand – so hätte man auch die Werbekampagne für dieses Auto formulieren können. Was uns allerdings nicht davon abhält, schon gleich zu Beginn dieses Testberichts ein wenig zu kritteln. Nicht am Äußeren, nein. Aber das Interieur, das ist so eine Sache für sich. Zwar wies man bei BMW ausdrücklich auf die Einlagen aus Alcantara an den Türpappen und dem Handbremshebel hin, ebenso wie auf das „offenporige Carbon“ und die blauen Ziernähte. Doch diese heben das Interieur des mindestens 58.000 Euro teuren M2 nicht weit genug von einem Serien-2er mit M-Paket ab. Die Carbon-Einlagen fassen sich an wie eine günstige Zierfolie und auch die Lederausstattung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass man in einem Wagen der Kompaktklasse sitzt. Purismus und Großserie sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Wobei letztere natürlich auch ihr Gutes hat: die Sitzposition ist dank großzügiger Verstellmöglichkeiten an den Sportsitzen und Lenkrad schnell perfekt eingestellt, der Blick geht auf zwei vertraute Rundinstrumente, die Hand wandert zum gewohnt positionierten Startknopf. Und der Sound, der dem Reihensechszylinder entweicht, entschädigt für sämtliches Kleinklein, das im Interieur störte: wohlig brabbelt der Turbomotor los, verzichtet auf den beschämenden Rasenmäherklang des größeren Bruders M4, wird im Sportmodus lediglich noch ein wenig klangstärker, doch das, was wir hören, reicht uns erst einmal. Fahren ist das, was jetzt interessiert, weshalb wir von der BMW-Zentrale in Garching auf einen mittelgroßen Roadtrip in Richtung Alpen starten.

Nachdem wir Schloss Neuschwanstein hinter uns gelassen und uns an etwas weniger Grip der aufgezogenen Michelin Pilot Supersport bei Temperaturen knapp über Null gewöhnt haben, liegt vor uns das Oberjoch. Die erste Prüfung, in der der M2 zeigen kann, wie viel M in ihm steckt. Mehr als angenehm: es warten keine zigtausend Konfigurationsmöglichkeiten auf den Fahrer, das Verhalten von Motor, Getriebe und Fahrwerk auf „seine Bedürfnisse“ anzupassen. Comfort, Sport und Sport Plus schärfen in dieser Reihenfolge Gasannahme und Fahrwerk, richtig bemerkbar macht sich lediglich der Sprung von Comfort zu Sport mit lauterem Sound, automatischem Zwischengas beim Runterschalten und etwas knackigerer Federung. Im Sport Plus – Modus wird zusätzlich die dynamische Traktionskontrolle (DTC) abgeschaltet.

Wir belassen es zunächst mit Rücksicht auf die Witterungsverhältnisse beim Sport – Modus, schalten zwei Gänge zurück und latschen einmal rein in den Karton. Ein wenig Zeit benötigt der Singleturbo, um Druck aufzubauen, da ist der Biturbo-Motor mit der internen Bezeichnung S55 im M3 etwas mehr auf Zack. Doch sobald Ladedruck da ist, katapultiert sich der M2 mit einer Macht nach vorne, dass er dem großen Bruder und erst recht der Konkurrenz in nichts nachsteht. Das Gripniveau ist dabei, solange die Straße trocken und ausreichend warm ist, überraschend hoch und selbst unter Volllast muss die Traktionskontrolle selten eingreifen. Was sich ändert, sobald – wie in unserem Fall – nur ein Quäntchen Feuchtigkeit, kleine Unebenheiten oder zu geringe Temperaturen herrschen.

Dann sollte der Fahrer am Volant was können und sich nicht ausschließlich auf die Fahrhilfen verlassen, sofern sie denn noch angeschaltet sind. So gab es bei zügigerer Fahrt einige Situationen, in denen das breite Heck uns bereits im Sport – Modus überholen wollte und erst spät durch das ESP abgefangen wurde. In anderen wiederum regelte es rigoros nur den kleinsten Ansatz einer Tänzelei weg, was oftmals ein wenig den Spaß an schneller Gangart verdarb. Wie sehr die elektronischen Fahrhilfen im Hintergrund arbeiten, zeigt sich jedoch vor allem dann, wenn man den Sport Plus – Modus anwählt und die Fahrhilfen komplett abschaltet. Förmlich entfesselt an Vorder- und Hinterachse stürmt der M2 dem Gipfel entgegen, scheint sich regelrecht zu freuen, dass er von der Leine gelassen wurde. Doch auch dank des zögerlich einsetzenden Turboschubs muss man auf der Hut sein, da am Berg.

Insgesamt erschien uns der M2 als das rundere Paket einer echten Fahrmaschine im Vergleich zum größeren Bruder M4: sein kürzerer Radstand lässt das Auto deutlich aktiver wirken, dennoch überzeugt gerade das Fahrwerk mit einer beinahe unerschütterlichen Stabilität, die sämtliche Unebenheiten gerade wegbügelt. Auch mit der – nicht einstellbaren – Lenkung waren wir glücklicher als mit der des über 400 PS starken Pendants: sie wirkte weniger nervös, erlaubte eine mehr als direkte Positionierung und bot eine ausreichende Rückmeldung – wenngleich letztere für unseren Geschmack noch etwas stärker ausfallen dürfte, aber das sagen wir ja mittlerweile über jedes elektromechanische System.

 

Und genau so, nämlich als Fahrmaschine, stünde unser Wunsch-M2 auch vor uns, da gleicht es wieder dem M4: die Abstimmung des Doppelkupplungsgetriebes (3.900 Euro) ist einmal mehr nicht als gelungen zu bezeichnen, die Schaltzeiten sind nur bei wirklich zügiger Gangart schnell, ansonsten können wir hier auf unseren Bericht über den großen Bruder verweisen und würden selbstredend den Handschalter nehmen, solange es noch einen gibt. Doch BMW scheint immerhin dazuzulernen: der unsägliche Dauerton, der vor dem Wegrollen des Fahrzeugs im Leerlauf und gezogener Handbremse warnte, wurde durch eine dezentere Meldung ersetzt. Auch das Navigationssystem (1.000,00 Euro im Navigationspaket) profitierte vom umfangreichen Update, arbeitet nun noch schneller, bietet dafür aber auch etwas verschachteltere Menüs. Dafür nervte uns die Auffahrwarnung des Driving Assistants (520,00 Euro), der schon vor einer Gefahrensituation die Bremsen anlegte und nach jedem Start aufs Neue deaktiviert werden musste. Selbst wenn es die Versicherungsprämie reduzieren mag: auch diesen würden wir nicht bestellen.

Fazit

Denn: selbstbewusst eingepreist ist der BMW M2 ohnehin: mit mindestens 57.500 Euro für den Handschalter und liegt damit über dem stärkeren aber dafür nur vierzylindrigen Mercedes-AMG A 45, aber zumindest deutlich unter dem Audi TT RS. Dafür bekommt man den famosen Reihensechszylinder mit einem fantastischen Sound, guten Verbrauchswerten (wir brauchten bei durchweg zügiger Gangart glatte zehn Liter pro 100 Kilometer) und – dank ordentlich Platz – auch einer akzeptablen Alltagstauglichkeit. Die Abstriche im Innenraum wird man dafür in Kauf nehmen müssen, doch günstiger gibt es nunmal keinen echten M-BMW. Und wenn einer dieses Prädikat verdient, dann ist es der BMW M2.

Galerie
Technische Daten*

Modell: BMW M2 Coupé
Motor: Sechszylinder-Reihe, Turbolader, 2.979 ccm
Leistung: 370 PS (272 kW) bei 6.500 U/min
Drehmoment: 465 Nm zwischen 1.400 und 5.560 U/min
Antrieb: Hinterradantrieb, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe
Verbrauch (ECE): 7,9 l SP/100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 4,3 s
Höchstgeschwindigkeit: 250 Km/h (270 Km/h mit M Driver’s Package)
Abmessungen (L/B/H): 4,47 m/1,85 m/1,41 m
Gewicht: 1.595 Kg
Grundpreis (DKG): 61.400 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 18/28/24

*Herstellerangaben