Lamborghini

Italienische Albträume: der Lamborghini Urus

Bella Macchina! Das Herz unseres italienischen Eisdielenbesitzers geht auf, als sich eine schwarze Flunder an seinem Laden vorbeiduckt. Tief grummelnd, böse dreinblickend und mit einem Stier auf der Motorhaube. Die Rede ist von einem Lamborghini Huracán. Dem aktuellen Zugpferd der italienischen Sportwagenmanufaktur. Er ist ungefähr das, was für Porsche der Neunelfer ist. Nicht unbedingt günstig, aber immerhin erschwinglicher als ein Aventador. Gelegenheit unserem Eismann ein Bild vom neuen Lamborghini Urus unter die Nase zu halten. Die gerenderte Grafik auf unserem Smartphone sorgt für ablehnendes Kopfschütteln. Das soll ein Lamborghini sein?

Ja und nicht nur das. Mit dem Urus möchte der südeuropäische Audi-Ableger endgültig in das Reich der Großserienfabrikanten aufsteigen. Man plane ab spätestens 2019 mehr als 3.000 Einheiten pro Jahr zu verkaufen. Stückpreis: ein My unter 200.000 Euro. Was bekommt man dafür? Einen 4,0 Liter Audi V8 mit ca. 650 PS und eine unpraktische Karosserieform. Dabei soll der Urus nicht nur der schnellste Geländewagen rund um den Nürburgring sein, falls das überhaupt jemanden interessiert, sondern auch noch der Bestaussehendste. Nein Lamborghini, diesen Zahn können wir euch ziehen: Zumindest nach unseren Maßstäben wird der Urus nicht der schönste SUV auf dem Markt werden.

Der fahrende F117 Stealthbomber könnte böse futuristisch wirken, ist aber keine Neuerfindung des Rads. BMW X6, Mercedes-Benz GLE und Audis zukünftiger Q8 sehen doch bereits alle, in ihrer Grundform, so merkwürdig unförmig aus. Aber coupéförmige Sport Utility Vehicles scheinen im Trend, wenn man gar in Zuffenhausen an einem Cayenne Coupé zu arbeiten scheint. Da ist es nur eine logische Schlussfolgerung dass man in Sant’Agata Bolognese, dem Hauptsitz von Lamborghini, den Evolutionsschritt eines normalen 4×4 überspringt und sofort zum Lifestyle-Objekt übergeht. Aber bei aller Kritik an den Italienern wollen wir deren LM002 nicht vergessen. Schließlich war dieser Geländewagen, der ursprünglich als Militärfahrzeug geplant war, einer der ersten Lifestyle-Offroader überhaupt. Nur hat man eben Mitte der 1980er Jahre noch nach etwas anderen Maßstäben Autos konstruiert (mehr Infos zum LM002 findet Ihr hier).

V12, 20-40 Liter Verbrauch und ein Tank groß wie in einem Leopard Panzer machten den LM002 schnell zum Kultobjekt, der für damalige Verhältnisse herausragende Fahrleistungen geboten hat. Dazu muss erwähnt werden, dass dieser fahrende Panzerschrank mehr als 2,7 Tonnen auf die Waage brachte. Der Lamborghini Urus freilich wird mit keinem militärischen Hintergedanken entwickelt und soll nur Friedolin und Mechthild ins Privatgymnasium chauffieren. Viel mehr, als zwei Dreikäsehochs, passt wohl auch nicht auf die Rückbank des Urus.

Dass unter dem schrägen Blechkleid ein Audi Q7 sitzt wird kaum jemanden stören. Oder hat man in den geneigten Autoblättern gelesen, ein Bentley Bentayga Besitzer hätte sich über die Nähe zum Konzernbruder aus Ingolstadt beschwert? Und so ist auch nicht mit großer Kritik am Urus zu rechnen. Weder wegen seiner Nähe zum Audi Q7, noch dass er von einem Audi-V8 angefeuert wird. Der Baukastenwagen bekommt einen Baukastenmotor für den Baukastenfahrer. Zum Schluss dieser kurzen Posse wollen wir aber einen positiven Abschluss finden: Schließlich wird Lamborghini den Urus auch, annähernd umweltfreundlich, als Plug-In-Hybrid bringen. Irgendwann versteht sich. Denn auf der diesjährigen IAA in Frankfurt gab es nur ein phrasenreiches Video des neuen Stiers aus Sant’Agata Bolognese zu sehen.