Die Härte: Auf Reisen mit dem BMW M5 Competition

Als Autohersteller wirbt man ja gerne mit Erinnerungen aus Kinderzeiten. Und auch wir fühlten uns unwillkürlich in die Vergangenheit zurückversetzt, als wir verbal von allen möglichen Seiten vorgewarnt wurden. Ein Roadtrip quer durch Deutschland und Österreich im M5 Competiton? Der sei viel zu hart, da noch härter als ein Standard-BMW M5. Wir seien zwar junge Leute, aber trotzdem. Er sei doch unfahrbar auf der Langstrecke, ungehobelt, also unerträglich. Wir sollten doch lieber einen X5 nehmen.

Nun, Sie wissen es doch auch noch von früher: Die Dinge, die man niemals tun sollte, musste man unbedingt ausprobieren.


Die Strecke war schnell zusammengestellt. In der bayerischen Landeshauptstadt sollte unser Ausgangs- und Endpunkt sein, von dort ging es ins gediegene Wien, nach einigen Tagen in Richtung Zell am See. Und wenn die Knochen nach diesen rund 1000 Kilometern genug durchgerüttelt sein würden, sollte der Tegernsee für etwas Entspannung sorgen. Ein Abstecher in die hessische Bankenmetropole wenig später durfte nicht fehlen, sodass mit einigen Nebeneinlagen nach 14 Tagen rund 2.500 Kilometer mehr auf dem Tacho des in Frozen Dark Silver (BMW Individual) lackierten M5 Competition stehen sollten. Oder in Kurzfassung: Ja, wir haben die Herausforderung angenommen.

Competition – der Name ist Programm

Und um das Ergebnis vorwegzunehmen: Der M5 Competition ist auf schlechten Autobahnabschnitten, auf denen wir ihn mehr als häufig bewegt haben, weder im Sport- und schon gar nicht im Sport Plus-Modus des serienmäßig verstellbaren Fahrwerks genießbar. Wir hatten den direkten Vergleich zum Standard-M5 nicht und mögen dennoch behaupten: Die gegen den Aufpreis von 9.000 Euro gelieferten Modifikationen wie steifere Motorlager, sieben Millimeter weniger Bodenfreiheit, eine straffere Dämpferkennlinie und zehn Prozent steifere Federn merkt man. Der Comfort-Modus ist erste Wahl und glücklicherweise immer beim ersten Motorstart ausgewählt. Doch auch hier rütteln schlechte Straßen Auto samt Insassen kräftig durch und machen gerade langsames Fahren nicht gerade zur Freude an selbigem. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Der M5 Competition ist die Ruhe selbst, er und sein Fahrwerk gehen mehr als souverän mit derlei Bedingungen um. Sie lassen es den Fahrer eben lediglich spüren, dass das harte Arbeit ist.


Im Übrigen auch im Hinblick auf die Außengestaltung, gibt sich das Competition-Paket doch sehr böse. Schwarze Nieren, Felgen und Logos sind uns gerade in Kombination mit der mattsilbernen Lackierung etwas übergriffig. Wir wünschen uns am derzeit schönsten BMW einen gediegeneren Auftritt. Und pfeifen dazu auf das an einem Zwei-Tonnen-Auto wahrhaft lächerliche Carbondach. Und bevor jemand aufschreit: Natürlich ist die Idee, die grundsätzlich schwere Dachkonstruktion zugunsten eines niedrigeren Schwerpunkts zu erleichtern, nicht neu und schon gar nicht schlecht. Aber wir hätten für den Alltag dann doch lieber ein Schiebedach (aufpreisfrei erhältlich), da wir auch mit einem „Competition“ gerne mal genießen und nicht ständig rasen wollen.

Ganz und gar nicht der Erheiterung feilbieten wollen wir den Innenraum des M5 Competition. Der glänzt in bester und gewohnter Fünfer-Manier mit hoher Verarbeitungsqualität und mehr als ordentlicher Materialauswahl. Die Ergonomie sowie die M5-eigenen roten Wahltasten am Lenkrad stehen diesem Niveau nicht nach. Einzig die Kopfstützen der ansonsten fabelhaften und zigfach verstellbaren Sportsitze fielen mit dem Härtegrad derer italienischer Kleinstwagen negativ auf.

Der Motor: Ein unnachgiebiger Freudenspender

Was der Freude am Fahren aber keinen Abbruch tut. So tönt die Competition-eigene Sportabgasanlage bereits beim Kaltstart lautstark und spannt man den Motor mittels separatem Sport-Plus-Modus vor, brabbelt und rotzt es aus den vier schwarzen Endrohren, dass es eine wahre Freud ist. Und dementsprechend ist auch der Vortrieb des doppelt aufgeladenen 4,4-Liter-V8 vor allem eines: vehement. Also so, wie man es von 625 PS und 750 Newtonmeter eben erwarten kann. Der Mehrleistung von 25 PS und des minimal höheren Drehmomentplateaus (bis 5.800 anstelle von 5.600 U/min) wegen wird wohl kaum jemand den Competition bestellen. Was wir aber behaupten mögen: dass wir das Hubraumplus im Vergleich zu den mitbewerbenden Biturbo-Achtzylindern, allen voran Mercedes-AMG mit seinem E 63 S (hier bei uns im Test), durchaus verspürten.


Denn auch wenn der 612 PS starke Über-Benz den großvolumigen Achtender fast perfekt mimt, so fühlt sich der BMW-V8 in allen Lebenslagen noch eine Spur druckvoller und aus dem Vollen schöpfender an als die Stuttgarter-Konkurrenz. Und das trotz 100 Newtonmetern weniger Drehmoment. 3,3 Sekunden gibt BMW für den Standardsprint aus dem Stand auf Landstraßentempo an, die wir dem Zweitonner ohne Mühe abnehmen. Wer das M Driver’s Package (zu 2.450 Euro) dazukauft, darf den M5 auf der Autobahn sogar an der bis 305 km/h verlängerten Leine laufen lassen. Eine Geschwindigkeit, die sich naturgemäß ohne große Anstrengung realisieren lässt, vorausgesetzt, man hat es ohne oder nur mit aufmerksamen weiteren Verkehrsteilnehmern zu tun. Je schneller man fährt, desto angenehmer arbeitet überdies das Fahrwerk.

Doppelkuppler-Wandlerautomat?

Zum Mitarbeiter aus der Getriebeabteilung, dem ZF-Achtgangautomat, müssen wir kaum Worte verlieren. Seine Schaltzeiten und -punkte sind dreistufig verstellbar. Schaltet er in Stufe 1 bei 60 km/h in den siebten Gang, erinnert das ebenfalls an das herrlich verschliffen und unaufgeregt agierende Neunganggetriebe, das wir im E 63 S schätzen lernten. So bewältigt man auch den unvermeidbaren Wiener-Stadtverkehr entspannt. In Stufe 3 jedoch vermissen wir auch das im Vorgänger-M5 verbaute Doppelkupplungsgetriebe nicht mehr. Rasend schnell schnalzt der Wandler durch die verschiedenen Gänge, ein befürchteter Reibungsverlust ist nicht spürbar, stattdessen gibt es nur eines: Vortrieb. Ohne Ende. Schön und bei einem sportlichen Wagen mit mitdrehenden Schaltpaddles kaum verzichtbar: Die Schaltmöglichkeit direkt am Wählhebel.


Nötig wurde selbige besonders während eines morgendlichen Ausflugs auf die Großglockner-Hochalpenstraße. Auf dem nur von Schafen, aber zu dieser Uhrzeit noch nicht von Wohnmobilen gesäumten Asphaltband, entpuppte sich der M5 Competition als wahre Sportlimousine mit einem Makel, den er mit seinen Konkurrenten teilt: Er ist zu schnell für diese Welt.


Geraden existieren nämlich bei 625 bayerischen Rindern in Kombination mit überbordender Traktion nicht mehr. Der mattsilberne Bajuware schluckt sie wie der gemeine Oberbayer seine erste Feierabend-Maß. Lediglich auf schlechten Straßen gemeinsam mit etwas Feuchtigkeit werden bereits im dynamischen Allrad-Modus Traktionsprobleme erkennbar. Die serienmäßig montierten Pirelli P Zero im stattlichen Maßstab sind gegen einen derartigen Leistungsüberfall anscheinend nicht gewappnet. Doch der Antrieb regelt dies fein, lässt etwas Schlupf zu, gibt sodann etwas mehr der ausreichenden Leistung an die Vorderräder ab und bringt den Zweitonner auf Kurs. Das macht Laune, ist beherrsch- und auch tatsächlich erfahrbar, ohne dass man den Allradantrieb nebst sämtlichen Fahrhilfen deaktivieren müsste.

Es ist alles gold, was glänzt

Am Ende der immer kurzen Geraden staucht die auch beim Competition nicht serienmäßige Carbon-Keramikbremse den M5 wieder zusammen. Das macht sie angesichts ihres Preises von 8.800 Euro mehr als anständig und auch den bei Regenfahrten so gefürchteten Totpunkt haben wir diesmal nicht erspüren können. Stattdessen macht sie das, was sie soll, verfügt über eine sehr gute Dosierbarkeit und nicht über das sonst so häufige Kopfnicksyndrom. Ob sie im Alltag ein „must have“ ist, sollte jeder für sich entscheiden. Wir gehen davon aus, dass die Stahlbremse ihren Job in weiten Teilen nicht schlechter machen wird. Und wer seinen M5 über das Dreijahresleasing hinaus behalten will, macht sich vielleicht auch über den enormen Unterhalt der Keramikbremse mit ihren gold lackierten Sätteln eher Gedanken.


In Kehre 1 (und den folgenden 35) der Großglockner-Hochalpenstraße könnte der M5 Competition nun ganz groß aufspielen. Wir schreiben hier klar „könnte“, denn die Lenkung ist nur so beschaffen, wie wir sie auch erwarteten. Und ja, die Leier über elektromechanische Servosysteme müssen wir nun nicht zum x-ten Mal abspielen. Der geneigte Leser dürfte wissen, dass sie vergleichsweise mitteilungsarm agiert und das Lenkgefühl bisweilen synthetisch ist. So ist es leider auch im M5 Competition, wobei der Fahrer am Volant in aller Regel sogar noch erspüren kann, was die Vorderachse macht. Bei größeren Traktionsschwierigkeiten oder Fahrbahnunebenheiten lässt das System durchblicken, dass die beiden Vorderräder nicht unbedingt eine so einfache Aufgabe haben, wie es das Volant bisweilen suggeriert.

Makel oder Jammern auf hohem Niveau?

Wir wollen nicht abstreiten, dass man die bereits erwähnten Änderungen am Competition nicht auch bemerken würde. Für eine Limousine dieser Größe und dieses Gewichts lenkt der 5er unheimlich agil ein, der gesamte Vorderwagen setzt den Lenkbefehl extrem direkt um – und versetzt dabei die Hinterachse ab und an in arge Bedrängnis. Doch insgesamt lieferte das Lenksystem für unseren Geschmack und das ansonsten sehr analoge Fahrgefühl des M5 Competition immer noch zu wenig Rückmeldung. Das Lenkgefühl empfanden wir anfangs in der Position Comfort als sehr angenehm, da die Lenkung hier leichtgängig und dennoch ausreichend direkt reagierte. Jedoch verspürten wir mehrfach ein „Klebenbleiben“, das wir weder situationsgerecht reproduzieren noch auf bestimmte Komponenten zurückführen konnten. In Sport, sie wird insgesamt etwas schwergängiger, bemerkten wir dieses Verhalten jedenfalls nicht mehr. Sport Plus war wiederum für unseren Geschmack in sämtlichen Fahrsituationen viel zu schwergängig.

Fazit

Am schönen Tegernsee angelangt haben wir sämtliche Qualitäten des M5 Competition erfahren können. Er hat eine unbändige, schnelle Seite, kennt „Gegner“ weder auf der Autobahn noch auf der Landstraße – von echten Sportwagen einmal abgesehen. Die Traktion des Allradantriebs, die nicht enden wollende Kraft des 4,4-Liter-Triebwerks und auch das wenig kompromissbehaftete Sportfahrwerk stehen bei zügiger Fahrt auf der Habenseite. Doch auch wer sich im Alltag zurückhalten möchte, kann das im M5 Competition. So bleiben Motor und Getriebe bei Bedarf auch dezent im Hintergrund, was schonend bewegt selbst den Verbrauch bisweilen auf weniger als 10 Liter pro 100 Kilometer senken kann. Das Fahrwerk jedoch bleibt ein wenig diskutabler Knackpunkt: Wer schon – und das dürften die meisten M5-Käufer sein – im gesetzten Alter ist oder bereits ein oder mehrere Rückenleiden beklagt, sollte jedenfalls vor der Kaufentscheidung probefahren. Doch denken Sie immer daran: Die Dinge, die uns alle anderen ausreden wollten, haben schon früher den meisten Spaß bereitet.

Technische Daten*

Modell: BMW M5 Competition
Motor: Achtzylinder-V, 4.395 ccm
Leistung: 625 PS (460 kW) bei 6.000 U/min
Drehmoment: 750 Nm zwischen 1.800 und 5.800 U/min
Antrieb: Allradantrieb, Achtgang-Automatikgetriebe
Verbrauch (WLTP): 12,4 l S /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 3,3 s
Höchstgeschwindigkeit: 305 Km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,97 m/1,90 m/1,47 m
Gewicht: 1.930 Kg
Grundpreis: 128.900 Euro
Typklassen (HP/VK/TK): 20/29/30

*Herstellerangaben