Sportmotor – der Toyota RAV4 2.5 Hybrid AWD-i im Test

Zugegeben, es ist das erste Mal, dass wir einen Toyota RAV4 2.5 Hybrid AWD-i im längeren Test gefahren sind. Keinen Prius, keinen Auris, keinen Yaris und schon gar keinen RAV4. Warum? Das wissen wir gar nicht so genau. Spoiler alert: Es war ein großer Fehler!

Es waren in der letzten Zeit vor allem ein paar Erlebnisse mit den großen Plugin-Hybriden, die uns die Notwendigkeit eines Toyota-Tests aufzeigten. Denn sie alle waren in der Frankfurter Innenstadt ohne eigene Steckdose in der Tiefgarage kein Quell übermäßiger Freude. Wie würde also der Hybrid-Pionier in der Variante ohne Stecker in diesem Umfeld abschneiden?

Dass zum Test zuerst der große RAV4 antritt, liegt in einer kleinen Terminkollision begründet, ist aber auch nicht weiter schlimm. Ganz im Gegensatz. Die Überraschung war mindestens so groß wie das Auto.

Obwohl die fünfte Generation des japanischen Trendsetters gar nicht so groß ist. Zumindest nicht größer als sein Vorgänger. Sehr exakt gemessen sind es bei 4,6m Gesamtlänge sogar fünf Millimeter weniger als bislang. Vor allem aber der um 30mm gestreckte Radstand bewirkt dennoch, dass das 2019er Modell im Innenraum fast schon einen Klassensprung gemacht hat.

Sowohl in der ersten Reihe, wo die Bewegungsfreiheit auch dank eines schlanken Mitteltunnels sehr ordentlich ist, als auch in der zweiten Reihe gibt es nichts zu meckern. Die Sitzpositionen sind aufrecht, sehr bequem und mit reichtlich Bewegungsfreiheit gesegnet. Dazu kommt eine gute Übersichtlichkeit durch die großzügigen Fensterflächen – zumindest was die Seitenfenster angeht.

Im Kofferraum gibt es ebenfalls nur Positives zu vermelden. Er ist um beachtliche 79 Liter auf nunmehr 580 Liter gewachsen, was vor allem am cleveren Packaging der neuen TNGA GA-K-Plattform liegt.

Gewichtsoptimierung, Schwerpunktabsenkung, das genannte bessere Packaging für eine effizientere Raumausnutzung, dazu kommen weitere Bonuspunkte wie eine um 57% gesteigerte Chassissteifigkeit und die volle Palette moderner Assistenzsysteme. Der RAV4 kann also aus den Vollen schöpfen. Ein Beispiel: Doppelquerlenker-Aufhängung der Hinterachse. Nicht nur hier ist er der Konkurrenz weit voraus. Nicht nur in seinem Preissegment, auch bei der Premiumkonkurrenz.

So auch beim Motor. Der neue Dynamic Force-Antrieb ist eine echte Überraschung. Interessierte bleiben beim Studium des Datenblattes zuerst an der Verdichtung hängen. 14.0:1 – wow, das ist das Territorium reinrassiger Sportmotoren. Ferrari & Co bewegen sich dort, nicht aber ein Toyota Hybrid. Bis jetzt zumindest. Mit vollvariablem Ventiltrieb auf Einlass- und Auslassseite, bedarfsgerechter Kennfeldkühlung bietet er auch noch weitere technische Leckerbissen.

Einzig die geometrische Auslegung macht stutzig. 103,4 Millimeter Hub auf 87,5 Millimeter Bohrung – ein klassischer Langhuber. Und dennoch: mit 221Nm Drehmoment (zumal erst bei 3600 Umdrehungen) ist der 2.5 Liter Vierzylinder kein ausgemachtes Kraftpaket. Soweit die Theorie.

Beim Fahren wirkt das alles jedoch ganz anders.

Federleicht geht der RAV4 von der Ampel, zuerst lautlos, dann ganz zart brummend. Möglich ist die Performance dank der ansatzlosen Newtonmeter der beiden Elektromotoren. In der Allradvariante speisen sich 202Nm an der Vorderachse und 121Nm an der Hinterachse in den Kraftfluss hinzu und sorgen so dafür, dass der mit 1650kg für seine Größe erstaunlich leicht geratenen SUV locker und spritzig beschleunigen.

Wenn es Vollgas sein soll, dann schnellt der Poweranzeiger nach oben, das Planetengetriebe gibt volle Drehzahl frei und die Fuhre beschleunigt lautstark dem Horizont entgegen. Unbedarften mag das merkwürdig vorkommen, akustisch gar lästig, doch der Kenner ist nach der ersten Überraschung entzückt: so geht effizienter Vortrieb.

Der 222PS starke Antrieb bringt seine volle Leistung nämlich nur dank dieser cleveren Steuerung sofort auf den Asphalt. Wo andere erst einmal die Drehzahlleiter emporstürmen müssen, kann der RAV4 sofort aus den Vollen schöpfen. Das Ergebnis ist ein wirklich sehr elastisches Verhalten, auch wenn es nicht im Sinne des eigentlichen Wortes gilt – im Alltag ist das Temperament des großen SUV aber durchaus beachtlich.

Das gilt vor allem, wenn es um seine Paradediszipling geht: Sparsamkeit.

Wir kamen am Ende des 14-tägigen Tests auf einen Durchschnittsverbrauch von 6.5 Litern Super auf 100km. Ein Traumwert für ein Fahrzeug dieser Größe. Vor allem ist es erstaunlich wie das Zusammenspiel der Elektromotoren mit dem Verbrenner funktioniert. Im Stadtverkehr gibt Toyota an, dass man beinahe 50% der Zeit elektrisch fährt – und das fühlte sich in unserem Test durchaus realistisch an.

Bemerkenswert daran ist vor allem, dass der RAV4 das mit einer Batterie von gerade einmal etwas mehr als 1kWh Kapazität schafft. Keine Materialschlacht mit gewichtigen Akkus, keine Neverei mit dem abendlichen Kabelstecken. Stattdessen geschickt genutzte kinetische Energie beim Bremse rekuperiert und zum Anfahren, sowie im unteren Geschwindigkeitsbereich der Stadt wieder zurückgespendet.

Es funktioniert wirklich prima. Vor allem aber: es ist soviel besser als die meisten Applikationen der Konkurrenz. Selbst ein leergefahrener Plugin-Hybrid müsste theoretisch soviel elektrische Energie wie der RAV4 zur Verfügung haben, da er sie ja auch nur aus der Bewegung gewinnen kann und doch: der Toyota kann es deutlich besser als die anderen.

Das hat uns überrascht. Und eigentlich auch nicht, denn nicht umsonst sind die Japaner Marktführer im Hybrid-Segment.

Wir werden uns nun mit Genuss durch die weiteren Modelle mit Elektrounterstützung durchtesten, denn der RAV4 war schon einmal eine volle Empfehlung. Und wir sind sicher, dass man das auch für den Rest des Modellprogramms sagen kann.

Technische Daten*

Modell: Toyota RAV4 2.5 Hybrid AWD-i
Motor: Vierzylinder-Reihe, 2.487 ccm
Leistung: 178 PS (130kW)
Elektromotor Front: 88 kW und 202 Nm
Elektromotor Heck: 40 kW und 121 Nm
Systemleistung: 222 PS (163 kW)
Systemdrehmoment: 221 Nm zwischen 3.600 und 5.200 U/min
Batterie: Nickel-Metall-Hydrid
Kapazität: 1,6 kWh (6,5 Ah bei 244,8 V)
Antrieb: elektrischer Allradantrieb, Planetengetriebe
Verbrauch (WLTP): 4,5 l S /100 Km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 8,1 s
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h abgeregelt
Abmessungen (L/B/H): 4,6 m/1,85 m/1,68 m
Gewicht: 1.650 Kg
Grundpreis: 38.490 Euro

*Herstellerangaben

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